Rheinland-Pfalz „Das überzeugt die Menschen nicht“

Ein Jet wird betankt. Bei technischen Problemen nach dem Start lassen Piloten vor der Rückkehr zum Flughafen Treibstoff ab, um d
Ein Jet wird betankt. Bei technischen Problemen nach dem Start lassen Piloten vor der Rückkehr zum Flughafen Treibstoff ab, um das Gewicht der Maschine zu verringern.

«MAINZ.» Der Kerosin-Bericht des Umweltbundesamtes (UBA) hat gestern für Gesprächsstoff gesorgt: CDU-Politiker bekräftigten die Forderung nach Messungen. Vertreter der Grünen bedauerten, dass das SPD-geführte Bundesumweltministerium nur einen Bericht, nicht aber die komplette Studie zu den Folgen von Treibstoffablässen vorgelegt hat.

Das UBA hat am Mittwoch einen 16-seitigen Bericht veröffentlicht. Sein Fazit: Von Treibstoffablässen, die Piloten bei technischen Problemen vornehmen, seien „keine kritischen Umweltauswirkungen auf Boden, Grundwasser, Luft und menschliche Gesundheit“ zu erwarten. Zu dieser Bewertung kamen die Autoren auf Basis von Rechenmodellen und Annahmen. Er habe die Mainzer Landesregierung wiederholt aufgefordert, eigene Messungen vorzunehmen, sagte gestern Christian Baldauf, der CDU-Fraktionschef im Mainzer Landtag. „Das ist bisher nicht geschehen.“ Die von der Mainzer Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) vor kurzem verkündete„minimalistische Aufrüstung von gerade einmal zwei Messstationen in Rheinland-Pfalz ist nicht mehr als ein Alibi“. Er begrüße daher ausdrücklich, dass sich Alexander Schweitzer, der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, für Messungen ausgesprochen hat. Dafür seien nach dem Bundesnaturschutzgesetz die Länder zuständig, so Baldauf. „Wenn es Herr Schweitzer ernst meint, hat er dabei gegenüber Umweltministerin Höfken meine Unterstützung.“ Der UBA-Bericht stelle ihn „nicht wirklich“ zufrieden, erklärte Theo Wieder (CDU), der Vorsitzende des pfälzischen Bezirkstages. Während beim Thema Abgasbelastungen durch den Autoverkehr großer Wert auf Messungen im Mikrogramm-Bereich gelegt werde, gebe sich das Bundesumweltministerium bei Kerosinablässen mit Berechnungen zufrieden. „Das überzeugt die Menschen in der Pfalz nicht.“ Wieder sprach sich ebenfalls für Messungen aus: Er habe bereits im vergangenen Jahr dafür die Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungseinrichtung (Lufa) in Speyer gegenüber der Landesregierung empfohlen. In dem UBA-Bericht sei nicht auf Alternativen zu Kerosinablässen eingegangen worden, fügte der Bezirkstagschef hinzu. So seien Landungen selbst von vollgetankten Langstrecken-Jets kurz nach dem Start durchaus möglich. Dies mache dann aber eine kostspielige und zeitaufwendige Wartung notwendig. Die bisherige Praxis laufe darauf hinaus, dass die Umwelt mit Treibstoff belastet werde, damit die Fluggesellschaften betriebswirtschaftlich besser fahren. „Das ist das gleiche Prinzip wie bei der Diesel-Diskussion.“ Umweltministerin Höfken bemängelte gestern, dass Bundesministerin Svenja Schulze (SPD) auch nach zwei Jahren „noch immer kein vollständiges und fachlich abgenommenes Gutachten zu den Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen von Treibstoffablässen“ vorgelegt habe. In dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht heißt es nämlich, dass das Kerosin-Forschungsprojekt erst am 30. Mai 2019 vom UBA fachlich abgenommen und beendet werde. Das UBA-Gutachten sollte aber in dieser Woche der gerade in Hamburg tagenden Umweltministerkonferenz unter anderem „verwendbare Modellrechnungen“ vorlegen, sagte Höfken. „Umso ärgerlicher ist, dass wir es hier in Hamburg immer noch nicht vorgelegt bekommen.“ Wie Höfken plädiert Bernhard Braun, der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Mainzer Landtag, dafür, einer Empfehlung des UBA-Berichtes zu folgen: Danach soll das Kerosin über wechselnden Gebieten versprüht werden. Die Pfalz zählt zu den bisher besonders betroffenen Regionen. Entsprechend sollte laut Höfken die Betriebsanweisung für die Flugsicherung geändert werden. „Einigermaßen erleichtert“ zeigte sich Braun, dass laut dem UBA-Bericht der Treibstoff nicht in konzentrierter Form den Boden erreiche. Wichtig sei auch, so Höfken, dass der Bund den Ländern nach Ablässen schnelle fachliche Unterstützung anbiete und Informationen zur Verfügung stelle. Dies gelte etwa für die Verbreitung des abgelassenen Kerosins. Der momentane Wissensstand sei zwar noch ungenügend, reagierte die Initiative Pro Pfälzerwald (IPP) gestern auf den UBA-Bericht. Dennoch sollte nach Treibstoffablässen „keine Alarmstimmung“ aufkommen. Die IPP fordert aber, dass nach jedem Treibstoff-Ablass anhand der Wetterdaten die wahrscheinlich höchstbelasteten Gebiete zeitnah mit einem Messfahrzeug angefahren werden. Dort sollten die Schadstoffkonzentrationen in Bodennähe ermittelt sowie nach einigen Stunden und Tagen die Vegetations- und Bodenproben auf Schadstoffe untersucht werden. Im UBA-Bericht sei die mögliche Bedeutung des krebserregenden Benzols nicht betrachtet worden, so die IPP weiter. Dies wäre aber geboten, denn Benzol sei, wenn auch in geringen Anteilen, im Kerosin enthalten. Zwar würden die abgelassenen Stoffe in der Atmosphäre und am oder im Boden abgebaut. Dabei entstünden aber toxische Zwischenprodukte. Einige Stoffe können sich laut IPP auch in der Vegetation und im Boden anreichern. Dies müsse in Landzeitstudien untersucht werden.

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