Bad Dürkheim / Bad Bergzabern „Die Menschen wollen raus und reisen“

Beliebtes Ziel: der Kurpark in Bad Dürkheim.
Beliebtes Ziel: der Kurpark in Bad Dürkheim.

Der Tourismus gehört zu den Leidtragenden der Corona-Pandemie. – Die Branche nutzt die Zwangspause nolens volens für Projekte. Vor allem die Digitalisierung ist das Zauberwort der Stunde. Dabei erfahren die Betriebe nun sogar eine Förderung vom Land. Sie trägt den sperrigen Namen „Digi-Booster“.

Der Lockdown hat das öffentliche Leben heruntergefahren. Das trifft auch den Tourismus. „Die Branche braucht eine Perspektive. Die Menschen wollen raus und reisen“, sagt Gabriele Flach und bringt damit die Bedürfnisse von Hotellerie und Gastgewerbe sowie deren Kundschaft auf einen gemeinsamen Nenner.

Die Verbandsbürgermeisterin von Maikammer ist Vorsitzende des Tourismus- und Heilbäderverbands Rheinland-Pfalz, dessen Mitglieder es umtreibt, nicht für mögliche Wiedereröffnungsszenarien planen zu können. Das vergangene Jahr hat der Branche richtig weh getan, sie in Teilen auch existenziell bedroht.

Sehr fotogen: Mandelblüten.
Dann war da noch ...

Ein Mandelblüten-Bild zur Unzeit

Modernisierung in der Zwangspause

„Viele stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Gabriele Flach. Soforthilfen kommen spät an, und bei Überbrückungshilfen handelt es sich um Kredite, die zurückgezahlt werden müssen. „Das hält die Betriebe nicht gesund“, unterstreicht die Verbandsbürgermeisterin. In der Zwangspause haben viele Betriebe die Zeit zur Modernisierung genutzt, vor allem zur virtuellen. Seit Anfang März läuft auch das vom Land geförderte Programm „Digi-Booster“. Denn „das Informationsverhalten von Gästen hat sich in den digitalen Raum verlagert“, wie Gabriele Flach sagt. Und das ist erst der Anfang. Konzepte hat der Verband, der rund 300 touristisch aktive Kommunen vertritt, genug. Ein Beispiel ist die Tourismusstrategie Rheinland-Pfalz 2025, die allerdings von allen Partnern im Tourismus entwickelt worden ist. Allerdings braucht es dafür eins: Geld.

Digitales Förderprogramm

Das Förderprogramm „Digi-Booster“ ist vom rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium aufgelegt worden, um kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen. Sie können Zuschüsse bis zu 15.000 Euro pro Unternehmen beantragen, wie das Ministerium im Dezember informiert hatte. Anträge sind sowohl für Hard- als auch für Software zugelassen – und für neue Kassensysteme, digitale Lösungen oder auch Beratungen.

Randnotiz: Angesichts des schönen Wetters sind für den Verband Dauercamper ein Thema, wie Verbandsgeschäftsführer Stefan Zindler (Koblenz) informiert. Denn in Rheinland-Pfalz dürfen sie ihr Fahrzeug aktuell nicht abstellen, dafür aber teils in anderen Bundesländern. „Das führt zu komischen Situationen in Grenzgebieten“, sagt Zindler, der für bundeseinheitliche Lösungen plädiert.

Das Warten in Bad Dürkheim und Bad Bergzabern

Für die beiden Bäder-Zentren der Pfalz, Bad Dürkheim und Bad Bergzabern, sieht Gabriele Flach in der Krise auch eine Chance, denn sie rechnet damit, dass „die Anzahl der Erholungsbedürftigen steigen“ wird. Und in der Tat war die Resonanz in Bad Bergzabern im vergangenen Jahr schon sehr gut nach dem Ende des Lockdowns, wie Jochen Anthes erklärt. „Wir hatten nach der Pause eine sehr gute Nachfrage, vor allem die Betriebe, die online buchbar sind“, sagt er. Dennoch ist sich der Geschäftsführer des Tourismusvereins Bad Bergzaberner Land sicher, dass die Branche einen zweiten Winter wie diesen kaum stemmen kann.

Therme Zugpferd in Bad Bergzabern

Geholfen habe dem Kurort in der Südpfalz, dass die Reha-Kliniken nur einen leichten Rückgang bei den Belegungen hatten. Schmerzlich war, dass die Therme bis in den Juli rein geschlossen blieb. „Sie ist ein Zugpferd für Bad Bergzabern“, sagt Anthes, zumal sie auch bei Franzosen sehr beliebt ist, weil es vergleichbare Angebote bei den Nachbarn nicht gibt.

Sobald die Betriebe wieder öffnen können, geht Anthes davon aus, „dass viele Gäste kommen werden. Wir sind vorbereitet.“ Nur bitte zur Mandelblüte nicht, die an der ganzen Weinstraße für die Gemeinden zu einem Problem geworden ist, weil sie keine Massen an Frühlingssuchenden wollen. Deshalb werden die entsprechenden Gemeinden in diesem Jahr auch darauf verzichten, ihre blühenden Bäume im Internet zu posten, wie er sagt. Für Anthes gilt aber vor allem eine Devise: „Es muss unter allen Umständen geimpft werden.“

Keine Betriebsschließungen

In Bad Dürkheim nutzt die Abteilung um Marcus Brill – bei der Stadt Fachbereichsleiter für Tourismus und Kultur – die Phase, um Projekte intensiv voranzutreiben wie beispielsweise die Besucherlenkung oder die Digitalisierung. „Es ist niemand froh, im Moment die Zeit dazu zu haben“, unterstreicht Brill. Schwierig ist es vor allem, warten zu müssen auf Lockerungen.

Die Unsicherheit treibt auch die Angestellten von Hotels und Gaststätten um. Arbeitskräftebindung und -Findung sind jedoch schon vor Corona ein Thema gewesen - angesichts der weniger prickelnden Arbeitszeiten in der Branche. Allerdings, unterstreicht Brill, hat es bis Ende Februar nicht eine coronabedingte Betriebsschließung in Bad Dürkheim gegeben. Sorgen muss sich aber niemand um Bad Dürkheim, sagt Brill: „Die ganze Region ist stark.“

Massive Einbußen 2020

Die Tourismusbranche hat 2020 durch Corona herbe Einbußen erlitten. Wie das Statistische Landesamt in Bad Ems informiert, haben 6,05 Millionen Gäste im Land übernachtet. Das waren 40 Prozent weniger als 2019. Bei den Übernachtungszahlen beläuft sich der Rückgang auf 33 Prozent; 2019 waren es knapp 26 Millionen, im vergangenen Jahr knapp 17,5 Millionen.

Nach Regionen aufgeschlüsselt: den geringsten Rückgang bei den Gästen hat die Mosel verzeichnet (30,6), den größten Rheinhessen (49,2). In der Pfalz waren es 42,1 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahr (33,4 Prozent weniger Übernachtungen).

Die höchsten Rückgänge im Übernachtungsaufkommen sind bei Erholungs-, Ferien-, Gästeheim und Jugendherbergen mit rund 60 Prozent verzeichnet worden. Von den 6,05 Millionen Besuchern waren 5,14 Millionen aus Deutschland (14,59 Millionen Übernachtungen). 906.700 Gäste waren aus dem Ausland.

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