Rheinland-Pfalz „Ein Schutzengel, der Sie begleitet“

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Ob Großbrand oder Stromausfall: Katwarn verschickt im Katastrophenfall per Mobiltelefon Informationen an Menschen in der Nähe des Unglücksorts. Seit vergangener Woche sind auch Ludwigshafen und Mannheim sowie die BASF-Werkfeuerwehr bei dem Alarmservice dabei. Wir haben darüber mit Daniel Faust gesprochen. Er arbeitet am Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (Fokus) in Berlin und ist Katwarn-Gesamtprojektleiter.

Auf der Katwarn-Internetseite bezeichnen Sie das System als „Schutzengel“. Vor was kann es mich tatsächlich schützen?

Es ist ein Schutzengel, der Sie begleitet. Es ist nicht Schutz im Sinne von automatisch Hilfe bekommen. „Schutzengel“ ist eine Metapher und bedeutet: Überall, wo Sie sind, gibt Katwarn Ihnen die relevanten Informationen. Wenn wichtige Katastrophenhinweise vorliegen, erhalten Sie die, ohne dass Sie sich selbst darum kümmern müssen. Vor was warnt das Katastrophenwarnsystem? Unwetterwarnungen sind relativ häufig und tauchen öfter auf als Katastrophen. Wir haben auch viele Brände. Vor wenigen Tagen gab es einen Brand bei Siemens in Berlin. In Brandenburg ist ein Tanklastzug umgekippt. Was auch häufiger auftaucht, sind Strom- oder Notrufausfälle. Das letzte größere und schwierigere Unglück war vor fünf Wochen ein Chemieunfall in Hamburg. Dort ist ein gefährliches Gas ausgetreten, durch das es zu Atemwegsbeschwerden kommen konnte. Deutschlandweit haben wir im Schnitt etwa eine Meldung pro Woche. Je mehr Behörden Katwarn nutzen, desto mehr Warnungen gibt es natürlich. Wenn sich eine Kommune für das System entscheidet, gibt es denn dann vor Ort Tests? Ja, natürlich! Es gibt zwei Arten davon. Die behördeninterne Testnachricht geht nicht an alle Bürger, sondern an ausgewählte Leute als eine interne Übungsmöglichkeit. Außerdem kann ein solches System nur funktionieren, wenn die Bevölkerung davon weiß. Wir sind deshalb dabei, die Kommunen zu beraten, dass es regelmäßige Test-Termine für alle gibt. Gerade kürzlich hatten wir einen Probealarm in Hamburg. Dann bekommen die Bürger eine Nachricht, mit der wir sagen: Wir sind da. Woher kommen die Katastropheninformationen? Grundsätzlich nur von autorisierten Behörden. Hier hat das föderale System einen riesigen Vorteil: Jede Kommune weiß genau, wie sie ihre Warnprozesse gestaltet hat. Da gibt es regionale Unterschiede. Manchmal kommen die Informationen direkt von den Feuerwehren, manchmal laufen sie an einer Stelle zusammen. Wie ist das in Ludwigshafen und Mannheim? Katwarn wurde in beiden Städten gleichzeitig eingeführt. Das ist eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit und die drei Feuerwehren – Ludwigshafen, Mannheim, BASF-Werkfeuerwehr – stimmen sich gemeinsam ab. Wenn nun eine Katastrophe eintritt. Was genau erscheint auf dem Handy? Grundsätzlich entscheidet erst die zuständige Stelle, wer wann informiert. Immer ist auch eine erste Handlungsanweisung dabei, zum Beispiel, in welche sicheren Zonen man gehen soll. Katwarn gibt es bereits seit 2010. Wie ist die Idee entstanden? Wir bei Fraunhofer Fokus sind die Erfinder des Unwetterwarnsystems „Wind“. Das war 1999. Dann haben Versicherer gesagt: Was ist denn bei anderen Katastrophen? Daraufhin haben wir 2009 im niedersächsischen Aurich einen Pilotversuch gemacht und das zu Katwarn ausgebaut, so dass wir 2010 in Ostfriesland gestartet sind. Damals noch per SMS. Heute ist der Hauptweg die App. Wer bei Katwarn angemeldet ist, wird regelmäßig geortet. Was ist mit dem Datenschutz? Wir setzen alle technischen Mittel ein, um unsere Systeme so sicher wie möglich zu machen und gleichzeitig den Datenschutz zu berücksichtigen. Wenn wir orten, wird die letzte Ortungsinformation überschrieben. Wir machen kein Tracking (Anm. d. Red.: Spur verfolgen). Wir wollen nur wissen, wo jemand momentan ist und nicht, wo er vor kurzem war. Außerdem speichert Katwarn weder in der App noch auf den Servern personenbezogene Daten. Wer sollte sich bei Katwarn anmelden? Alle! Der Deutsche Wetterdienst ist mit seinen Meldungen ja sowieso flächendeckend dabei. Es ist nützlich für jeden. Wir haben bereits mehr als eine halbe Million Nutzer bundesweit. Wichtig ist: Katwarn informiert sie nur, wenn es sie betrifft.

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