Rheinland-Pfalz „Er wusste um Sorgen und Nöte“

Händeschütteln mit dem Staatsoberhaupt: Kandels Verbandsbürgermeister Volker Poß (rechts) zu Gast bei Bundespräsident Frank-Walt
Händeschütteln mit dem Staatsoberhaupt: Kandels Verbandsbürgermeister Volker Poß (rechts) zu Gast bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Zu einer Unterhaltung über „Gewalt gegen Mandatsträger“ hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gestern Vormittag unter anderem den Kandeler Verbandsbürgermeister Volker Poß (SPD) ins Schloss Bellevue eingeladen. „Es war ein gutes Gespräch“, sagte Poß danach zur RHEINPFALZ. „Steinmeier war wirklich daran interessiert, wie die Situation vor Ort ist.“

«BERLIN/KANDEL». Im Dezember 2017 war in Kandel (Landkreis Germersheim) eine 15-Jährige mutmaßlich von ihrem Ex-Freund, einem Flüchtling aus Afghanistan, ermordet worden. In der Folge gingen bei der Verwaltung zahlreiche Hassmails ein. Kurz darauf kritisierte Verbandsbürgermeister Poß in einem Interview die pauschale Verurteilung von Asylsuchenden und wurde damit selbst zur Zielscheibe von rechtem Hass. Der Kommunalpolitiker und seine Familie erhielten Todesdrohungen. Bis heute marschieren regelmäßig Demonstranten aus dem rechten Spektrum in Kandel auf und fordern den Rücktritt des Bürgermeisters (wir berichteten mehrfach). „Jeder ist betroffen, so betroffen, dass man gar nicht daran denkt, dass es auch andere gibt, die die gleiche Erfahrung gemacht haben“, sagte Poß. Dabei wäre es besser, gemeinsam nach einer Strategie zu suchen. Zu dem vertraulichen Gespräch waren auch Pia Findeiß, Oberbürgermeisterin von Zwickau (Sachsen), und Volker Hatje, Bürgermeister von Elmshorn (Schleswig-Holstein), eingeladen. Findeiß war als Anhängerin der Terrormiliz IS verleumdet worden. Hatje und seine Familie wurden bedroht, weil er sich gegen rassistische Hetze gewandt hatte. Die Wertschätzung, die man während des Gesprächs gespürt habe, sei sehr wichtig und ermutigend gewesen, sagte Poß. Steinmeier sei gut vorbereitet gewesen. „Er wusste um die Sorgen und Nöte der Gesprächspartner.“ Der Termin sei wichtig gewesen, man habe sich vernetzt und ausgetauscht. Das Treffen dauerte eineinhalb Stunden. Dabei wurde vor allem über die Sorge gesprochen, dass die Bedingungen für die Arbeit kommunaler Amtsträger in vielen Regionen schwieriger geworden seien. Nicht nur sie selbst, zum Teil auch ihre Familien, seien von Drohungen und Verächtlichmachungen betroffen, sagten die drei Bürgermeister. Auch der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, nahm an dem Gespräch teil. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat nach Auskunft des Bundespräsidialamtes gewarnt: „Wenn wir diesen Trend nicht brechen, wird es immer schwieriger, Menschen zu finden, die bereit sind, in den Kommunen Verantwortung zu übernehmen.“ Steinmeier forderte, Wertschätzung denjenigen gegenüber zu zeigen, die sich jenseits ihrer beruflichen Verpflichtungen und oft nach Feierabend für das Zusammenleben in ihren Gemeinden einsetzten. „Wer politische Verantwortung auf Stadt- oder Gemeindeebene übernimmt“, so der Bundespräsident, „trägt zum Gelingen unserer Demokratie ganz wesentlich bei.“ Verbandsbürgermeister Volker Poß zeigte sich kurz nach dem Treffen ermutigt. „Es war sehr informativ“, sagte er. „Das war eine neue Erfahrung für mich, man wird schließlich nicht jeden Tag beim Bundespräsidenten eingeladen.“ Die drei Bürgermeister hätten nun vereinbart, auch weiter in Kontakt zu bleiben.

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