Rheinland-Pfalz Gespannt auf „Gaias“ beispiellose Genauigkeit
Gibt es eine zweite Erde? Dem Astrophysiker Professor Joachim Wambsganß ist diese von ihm selbst so genannte „Millionen-Dollar-Frage“ schon oft gestellt worden. Die Suche nach Planeten um andere Sterne bezeichnet er als hochaktuelles Forschungsgebiet, er sei selbst mit seiner Arbeitsgruppe an der Universität Heidelberg aktiv beteiligt. „Wir kennen fast 1000 solcher Exoplaneten, aber eine zweite Erde ist noch nicht darunter. Wir suchen weiter.“ Wambsganß ist gebürtiger Pfälzer, vor 53 Jahren in Landau geboren und im Stadtteil Nußdorf aufgewachsen, wohin er immer noch intensive Kontakte pflegt und wo seine Eltern leben. Nach je zwei Jahren an der Princeton University in den USA und am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München sowie drei Jahren am Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam wurde er 1999 als Professor an die Universität Potsdam berufen und wechselte dann 2004 nach Heidelberg. Seit 2005 ist er Direktor des Zentrums für Astronomie der Uni Heidelberg. Als am 19. Dezember letzten Jahres der Raketenstart der Forschungsmission „Gaia“ in Französisch-Guyana gestartet wurde, saß Wambsganß mit Kollegen zusammen, um sich dieses Ereignis live anzusehen. Der Satellit soll eine Milliarde Sterne der Milchstraße erfassen und so eine 3D-Karte der Muttergalaxie erstellen. Das Astronomische Rechen-Institut in Heidelberg ist seit mehr als zehn Jahren beim Gaia-Projekt engagiert. Der Nußdorfer ist auch für die Aktivitäten auf diesem Gebiet verantwortlich. „Wir und mit uns ein großer Teil der Astronomen europaweit sind sehr gespannt auf die Ergebnisse von Gaia“, sagt Wambsganß. Der Satellit werde die Positionen von Sternen mit einer beispiellosen Genauigkeit messen. Im Laufe von fünf Jahren werden nach seiner Darstellung diese Messungen etwa 70 Mal wiederholt. Damit könnten sowohl die Entfernungen als auch ihre Geschwindigkeiten gemessen werden. Als Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums in Landau waren Mathematik und Naturwissenschaften die Lieblingsfächer von Joachim Wambsganß. Dennoch hatte er überlegt, Weinbau-Ingenieur zu werden. Aber ab der neunten Klasse dominierte die Freude an der Physik. Als sein Lehrer in der Oberstufe im Physik-Leistungskurs das erste halbe Jahr Astronomie unterrichtete, ist ihm klar geworden, dass er dieses Fach studieren wollte. „Ich habe meinen Traumberuf gefunden. Das Berufsfeld als Astrophysiker ist sehr vielseitig“, bestätigt Wambsganß. In seiner Jugend hat er in Nußdorf viele Jahre Handball gespielt, wurde schon als 18-Jähriger aus der A-Jugend in die erste Mannschaft befördert. Auf dem Großfeld holte er sich mit seinen Kameraden den Meistertitel in der Oberliga. Dass er sein Studium in Heidelberg begann, hing damit zusammen, dass er den Handballsport in Nußdorf nicht aufgeben wollte. Hätte er sich vorstellen können, Handball-Profi zu werden? Die klare Antwort: „Das wollte ich nie werden. Zum einen war ich dazu sicherlich nicht talentiert genug. Zum anderen schien mir eine berufliche Karriere, die ausschließlich auf vollständiger körperlicher Gesundheit und Fitness beruhte, schon damals ein viel zu großes Risiko.“ Aus dem Handball-Kreisläufer beim TV Nußdorf ist ein anerkannter Wissenschaftler geworden. Wenn in seinem Heimatort das Weinfest oder Bauernhausfest ansteht, sieht man ihn zusammen mit ehemaligen Handball- oder Landjugend-Kameraden. Momentan arbeitet er an einem speziellen Thema in der Astronomie. Eines seiner Forschungsgebiete ist die Suche nach Planeten um andere Sterne mit dem „Gravitationslinseneffekt“. „Dabei nutzen wir den von Einstein vorhergesagten Effekt aus, dass ein Himmelskörper nicht nur andere Massen anzieht, sondern auch Licht. Ein vorbeifliegender Lichtstrahl wird dadurch etwas von seiner geraden Bahn abgelenkt. Und wir sehen manche Sterne für ein paar Tage oder Wochen heller als vorher.“ Nach dem Südpfälzer ist ein Kleinplanet benannt, der seine Kreise zwischen Mars- und Jupiter-Bahn zieht: (19162)Wambsganß. Fragt man den Forscher, ob das Universum wirklich unendlich sei, sagt er: „Der Teil des Weltalls, den wir mit unseren Teleskopen sehen, vermessen und untersuchen können, ist sicherlich endlich. Aber es deutet einiges darauf hin, dass das Universum als Ganzes tatsächlich unendlich groß ist.“