Rheinland-Pfalz München/Mainz: Serienbetrüger zu drei Jahren Haft verurteilt

In München ist ein Serienbetrüger verurteilt worden, der mit einer gefälschten ZDF-E-Mail und einer angeblichen Finanzierungszusage von SAP-Gründer Dietmar Hopp große Kasse machen wollte.

Das muss man erst einmal schaffen: Nach zehn Jahren Haft kaum aus dem Gefängnis entlassen, sich mit dem gewinnenden Wesen eines weltläufigen, seriösen Geschäftsmanns in eines der teuersten Gesundheitshotels einzumieten, das Europa zu bieten hat – auf Treu und Glauben übrigens, denn man hatte ja nichts außer Schulden –, dort einen in Kur weilenden Multi-Multi-Millionär im Laufe etlicher sehr gepflegter Abendessen um den Finger zu wickeln und denselben spontan zu einer Überweisung von 130.000 Euro zu veranlassen. Dem 67-jährigen Paul M. ist das vor sieben Monaten gelungen – doch buchstäblich in der letzten Minute scheiterte der wohl größte Coup seiner Karriere, und jetzt hat ihn ein Münchner Amtsgericht zu drei weiteren Jahren Haft verurteilt: wegen gewerbsmäßigen Betrugs und schweren Betrugsversuchen. Es hätte für M. noch viel härter kommen können, aber der Richter hielt ihm nicht nur sein umfassendes Geständnis zugute, sondern auch die Tatsache, dass der Angeklagte für seine Betrügereien „nur solche Opfer ausgesucht“ habe, „die unter einem Vermögensverlust nicht sehr gelitten hätten“. Paul M. tat so, als wäre er als Fernsehproduzent im Auftrag der ZDF-Tochterfirma „ZDF Enterprises“ unterwegs und als hätte er eine Riesen-Finanzzusage von der Stiftung des Mannheimer SAP-Gründers Dietmar Hopp hinter sich. Ein „Kinderprojekt“ wollte der Mainzer Sender angeblich über M.s eigens gegründete Produktionsfirma realisieren; heißen sollte es „Kommissar Knirps“, und für die Rechte war „ ZDF Enterprises“ angeblich bereit, 32 Millionen Euro hinzublättern. Um loslegen zu können, brauchte M. nur die ersten 100.000 Euro. Dem Multi-Multi-Millionär, den er als Investor gewinnen wollte – „geben Sie mir zwei Millionen Euro, Sie bekommen acht Millionen zurück“ – legte M. eine E-Mail vor, auf welcher der bei „ZDF Enterprises“ zuständige Kinder-Bereichsleiter die Finanzierung zusicherte. Der Name des Bereichsleiters war echt, auch die Projektidee um „Kommissar Knirps“ gab und gibt es tatsächlich – nur die E-Mail, die war gefälscht. M. hatte nie einen Millionen-Deal mit der Rechtehandelsgesellschaft des ZDF. Dem Gesundheitshotel „Lanserhof“ in der Nähe von Innsbruck versicherte M. mehrfach, das Geld für seine Unterkunft sei auf dem Weg, aber unerklärlicherweise sei die Überweisung irgendwo hängen geblieben. Das Hotel gab sich damit zufrieden. Bei zwei österreichischen Banken richtete Paul M. Konten für seine „Produktionsfirma“ ein und ordnete Zahlungen nach Deutschland an, immer mit dem Hinweis, er erwarte Geld von Hopp, von „ZDF Enterprises“ und vom Finanzamt eine fünfstellige Steuererstattung. Die Banken jedoch spielten nicht mit. Im Metier ist der hochgewachsene, jünger wirkende M. – Hauptschulabschluss, kaufmännische Ausbildung – seit den Neunzigerjahren unterwegs. Damals beauftragte er einen Stuttgarter Kinderbuchautor mit einer Story über „Kommissar Knirps“. Gleichzeitig gründete M. ein Netz von Medien-Produktionsfirmen, mit denen er diesen „fiktiven Charakter“ vermarkten wollte. Nur: Die Rechte besaß er offenbar nicht; Kai Kittelberger, der Autor, bekräftigte vor Gericht, er habe sie nie abgetreten. Und Paul M. wurde im Laufe der Jahre für Betrügereien mit seinen Firmen sowie für Konkursverschleppung und Ähnliches mehrfach verurteilt. Den letzten Coup vereitelte der Vermögensverwalter des von M. im „Lanserhof“ angebaggerten reichen Seniors zusammen mit „ZDF Enterprises“. Der junge, baumlange Hamburger Privatbanker – „um bei mir Kunde zu werden, müssen Sie einen mehrstelligen Millionenbetrag mitbringen, 20 Millionen Euro reichen da nicht“, sagte er dem Richter – hatte „aufgrund des ungewöhnlich blumigen Stils“ der angeblichen ZDF-Mail Verdacht geschöpft und nach einem Kontakt mit den Mainzern bei der Bank seines Kunden die Überweisung in letzter Minute gestoppt. Was bleibt? Faktisch nur der Schaden, der dem Hotel entstanden ist: Auf gut 21.000 Euro beläuft sich M.s dreiwöchiger Aufenthalt im „Lanserhof“ – übrigens derselben Einrichtung, in der sich 2007 ein schweizerisch-italienisches Betrügerduo die reiche BMW-Erbin Susanne Klatten als Abzock-Opfer ausgesucht hatte. Es bleibt das Erstaunen des Richters über M.s hohe „Rückfallgeschwindigkeit“ und die Bemerkung: „Ihre Haftstrafen haben Sie noch nicht ausreichend beeindruckt.“ Und es bleibt „Kommissar Knirps“. Denn einem langwierigen und fruchtlosen Streit über die Markenrechte wollten im Gerichtssaal alle aus dem Weg gehen – bei einer, wie sie sagten, „dermaßen klaren Beweislage in Sachen Betrug“. Da brauchte man einfach nichts anderes mehr. Da konnte man das Verfahren in einer einzigen Nachmittagssitzung abhaken.

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