Rheinland-Pfalz „Nicht gleichartig, aber gleichwertig“

Westpfälzer: Gerhard Bold
Westpfälzer: Gerhard Bold

Gerhard Bold ist für weitere fünf Jahre zum Landesvorsitzenden des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) gewählt worden. Der 68-jährige ehemalige Förderschulleiter aus Weselberg im Landkreis Südwestpfalz will sich in seiner zweiten Amtszeit an der Spitze der Lehrergewerkschaft nicht zuletzt für die Aufwertung des Grundschullehramts stark machen. Unser Redakteur Arno Becker hat mit Bold gesprochen.

Ursprünglich wollten Sie den Landesvorsitz in jüngere Hände legen. Jetzt sind Sie für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt worden. Wo sind die Jungen im VBE?

Wir haben genug Junge, aber meine Kolleginnen und Kollegen sind mit meiner bisherigen Arbeit offenbar zufrieden und haben mich erneut als Vorsitzenden vorgeschlagen. Was treibt Sie an? Was wollen Sie bis zum Ende der neuen Amtsperiode erreichen? Es ist unser Erfolg, dass in den Realschulen plus die Hauptschullehrer finanziell mit den Realschullehrern auf eine Stufe gestellt werden. Das motiviert mich. Gleiches will ich in den vor uns liegenden fünf Jahren für die Grundschullehrer erreichen. Ihre Arbeit ist nicht gleichartig, aber gleichwertig. Die finanzielle Gleichstellung der Hauptschullehrer geht nicht zuletzt auf einen Rechtsstreit zurück, den der VBE bis zum Bundesverwaltungsgericht unterstützte. Hat dieser Erfolg dem VBE nur Schulterklopfen oder auch zusätzliche Mitglieder gebracht? Beides. Allerdings ist der Mitgliederzuwachs nicht so ausgefallen, wie ich mir das erhofft hatte, aber ich bin zufrieden. Was hatten Sie gehofft, und was ist eingetreten? Ich gehe davon aus, dass mehr als 100 Lehrkräfte wegen dieses Erfolgs als Mitglieder zu uns gestoßen sind. Wie viele Mitglieder hat der Landesverband? Rund 5000. Jetzt will der VBE auch das Lehramt an Grundschulen aufwerten. Die Forderungen: ein längeres Studium für Grundschullehrer, mehr Geld und weniger Unterrichtsstunden pro Woche? Warum ein längeres Studium? Bisher wird die unterschiedliche Besoldung in den einzelnen Schularten mit der unterschiedlichen Dauer der Studiengänge begründet. Das ist antiquiert. Wir fordern gleich lange Studiengänge und gleiche Einstiegsbesoldung. Sie wollen also längere Studiengänge für Grundschullehrer, um so die Forderung nach besserer Bezahlung zu begründen. Gibt es auch inhaltliche Gründe für die Ausweitung des Studiums? Die Lehrkräfte in den Grundschulen leisten in der täglichen Arbeit mindestens genauso viel wie die Lehrkräfte in anderen Schularten. Also muss auch die Ausbildung entsprechend gut sein. Haben sich die Anforderungen an die Grundschullehrer in den vergangenen Jahren geändert? Sie sind mit Sicherheit gestiegen. Die Kinder, die heute in die Schulen kommen, sind anders. Es ist schwerer, ihnen zu vermitteln, dass man ruhig sitzen und zuhören muss. Gleichzeitig stellen auch die Eltern höhere Ansprüche an die Lehrkräfte. Die Grundschullehrer brauchen eine breitere Ausbildung, weil sie die Grundlagen für den Erfolg der Kinder in den weiterführenden Schulen legen müssen. Wenn der einzelne Grundschullehrer weniger Unterricht gibt, braucht man mehr Lehrkräfte, die zudem noch mehr Geld bekommen sollen. Da wird die Finanzministerin jubeln? Das ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass die Kinder gut ins Leben kommen. Geld ist immer da, wenn es die Politik will. Der VBE hat eine alte Forderung erneuert: ein echtes zweigliedriges Schulsystem. Neben dem Gymnasium soll es nur noch eine Schulart nach dem Vorbild der saarländischen Gemeinschaftsschule geben. Integrierte Gesamtschule und Realschule plus gehen in der neuen Schulform auf. Können Sie in einem Satz sagen, wo Sie den Vorteil sehen? Die Schüler lernen in einer solchen Schule länger gemeinsam. Sie lernen voneinander und miteinander. In den Realschulen plus gibt es häufig Klassen in denen allein die Schwächsten sitzen. Im Ergebnis hilft das nicht gegen den drohenden Facharbeitermangel. In der neuen Schulform soll Ganztagsunterricht teilweise verbindlich werden. Warum? Wer die Lernerfolge verbessern will, muss auch die Unterrichtszeit ausweiten. Wir sehen die Erfolge in den G8-Gymnasien. Dort ist Ganztagsunterricht, der sich bezahlt macht. Am Ende der 10. Klasse soll ein Abschluss stehen. Ist das die „mittlere Reife“ für alle? Der Abschluss der Berufsreife wird nach Ihren Vorstellungen abgeschafft. Wo bleiben die schwächeren Schüler? Sie profitieren davon, dass sie mit den Leistungsfähigen länger in einer Klasse sitzen. Vor allem jedoch müssen sie besser individuell gefördert werden.

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