Rheinland-Pfalz Obdachlose werden bei Vorher-Nachher-Projekt zu Models gemacht

Künstlerisch: Hartmut Bauer.
Künstlerisch: Hartmut Bauer.

Obdachlose als Business-Leute? Ein ungewöhnliches Vorher-Nachher-Projekt veranstaltete der Caritasverband Trier: Für „Repicturing Homeless“ wurden wohnungslose Menschen zu Models. Was dieses Fotoshooting mit ihnen und ihrer Umgebung gemacht hat, verrät Organisatorin Nina Petry.

Die Fotos zeigen eigentlich obdachlose Menschen, die plötzlich völlig bürgerlich wirken. Was sagt das über unsere Kultur aus?

Da möchte ich den Caritasdirektor Bernd Ketter zitieren: Unsere Sehgewohnheiten prägen in erheblichem Maße unsere Einschätzung von Menschen. Wir sortieren in Folge dessen auch Menschen in Kategorien ein. Wohnungslose Menschen, die auf der Straße leben, verbinden wir oft mit den Eindrücken: verwahrlost, gezeichnet von Sucht, kleidungstechnisch minderwertig. Wie veränderte das Styling die Menschen? Nun auf einmal: veränderte Umgebungen, hochwertige Markenkleidung, gepflegtes Äußeres. Unsere Gesellschaft ist zwar offener geworden, hegt aber immer noch in vielerlei Hinsicht Klischees und Vorurteile. Wohnungslosigkeit kann aber jeden von uns treffen, daher versucht der Caritasverband Trier mit einer solchen Aktion einen Impuls zu setzen, die betroffenen Menschen anders wahrzunehmen, nämlich als das, was sie sind: Menschen. Menschen, die nicht an den Rand, sondern in die Mitte unserer Gesellschaft gehören. Wie konnten Sie die Menschen überzeugen, mitzumachen? Die Ansprache der Wohnungslosen erfolgte über die Streetworkerin des Caritasverbandes Trier sowie über das Haus Lukas, unser Wohnheim für Wohnungslose. Es wurde über das Vorhaben berichtet und gefragt, ob Interesse daran bestünde, bei der Aktion mitzumachen. Die Zusagen der Protagonisten kamen recht schnell, sodass keine wirkliche Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. Konnten Sie Veränderungen sehen, nachdem die Menschen in der Maske waren? Ja, allerdings! Der Moment, in dem sich unsere Models erstmals im Spiegel sahen, in neuer Kleidung, gestylt, geschminkt, das war schon sehr berührend. Alle Models strahlten, waren stolz und selbstbewusst. Für unsere Models ging bereits mit dem Umstyling ein Wunsch in Erfüllung. Schon lange haben sie sich nicht mehr so wertgeschätzt gefühlt. Durch das Shooting haben sie neues Selbstvertrauen, neuen Mut gewonnen und den Ansporn, an diese Erfahrung anzuknüpfen. Wie haben die Models den Tag empfunden? Der Tag war ein rundum schöner und sehr glücklicher Tag! Er war emotional und bewegend. Es war beeindruckend, wie alle Models und alle ehrenamtlichen Helfer – Fotograf, Ankleiderinnen, Friseurinnen, Make-up-Artist, Hotelteam, Filmteam, Betreuerinnen der Wohnungslosen – mit Herz und Leidenschaft dabei waren. Am Ende des Shootings sind nicht nur bei einigen Models, sondern auch bei einigen der beteiligten Unterstützerinnen Tränen geflossen – denn alle waren zutiefst bewegt und sehr glücklich. Wer hat die Fotos gemacht? Die Fotos sind von dem in Trier lebenden Fotografen Edouard Olszewski. Edouard hat eine ganz wunderbare Arbeit geleistet. Er ist so toll auf die Models eingegangen, hat ihnen jegliche Scheu genommen, sie motiviert, mitgenommen und einbezogen. Wo fand das Fotoshooting statt? Im Park Plaza Hotel Trier wurde das Shooting in unterschiedlichen Hotelbereichen durchgeführt Was geschieht mit den Bildern? Die entstandenen Bilder stehen auf der internationalen Bilddatenbank „Getty Images“ zum Download zur Verfügung. Dort können die Bilder gekauft werden. „Getty Images“ ist eine Datenbank für kommerzielle Fotos, die beispielsweise für Werbezwecke genutzt werden. Der Erlös aus dem Bildervertrieb kommt der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbandes Trier zu Gute. Wo werden sie gezeigt? Aktuell im Video auf Youtube sowie in den Medien, die über das Projekt berichten. Wie geht es für die Models weiter? Drei der sechs Models leben mittlerweile im Haus Lukas des Caritasverbands Trier, einem Langzeitwohnheim für alleinstehende, wohnungslose Erwachsene. Hier erhalten sie die Unterstützung und Strukturen, die ihnen dabei helfen, wieder Fuß fassen zu können. Einer der Probanden hat mittlerweile seine eigene Wohnung und seit dem Juni eine feste Arbeitsstelle. Info Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=q0kGBssOSB4&t=32s

Elegant: Juliane Krähling.
Elegant: Juliane Krähling.
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