Saarland Rechnungshof: Handwerkskammer hat „aufgeblähte“ Organisation

Untreueverdacht: Ermittler haben Mitte November die Handwerkskammer des Saarlandes in Saarbrücken durchsucht.
Untreueverdacht: Ermittler haben Mitte November die Handwerkskammer des Saarlandes in Saarbrücken durchsucht.

Der Rechnungshof des Saarlandes hat die Handwerkskammer und die Hochschule der Bildenden Künste geprüft, nun ermittelt die Staatsanwaltschaft. Am Donnerstag legte der Rechnungshof seinen Bericht zur Handwerkskammer vor. Um viel mehr Geld geht es allerdings bei einer anderen Kritik.

„Wir drehen nicht jeden Wurstweck um!“ Die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Annette Groh, wies am Donnerstag darauf hin, dass ihre Mitarbeiter nicht jeden Fehler verfolgen, der ihnen bei Prüfungen ins Auge fällt. Aber bei der Prüfung der Handwerkskammer des Saarlandes konnten sie ihre Augen nicht verschließen, es gab zu viele Ungereimtheiten.

Der Rechnungshof informierte das Wirtschaftsministerium, das wiederum die Staatsanwaltschaft einschaltete. Sie ermittelt wegen des Verdachts der Untreue gegen den Präsidenten der Handwerkskammer, Bernd Wegner, und gegen einen früheren Hauptgeschäftsführer.

Vorwürfe: Privat genutzte Dienstwagen, teure Restaurantbesuche

Am Donnerstag legten die Prüfer des Rechnungshofs ihren Bericht zur Handwerkskammer vor. Das Fazit: „Aus Sicht des Rechnungshofs hat die Handwerkskammer gegen fundamentale Grundsätze des Haushalts- und Satzungsrechts verstoßen.“ Die meisten Vorwürfe sind bekannt: Hochwertige Dienstwagen sollen auch privat genutzt und Familienangehörigen zur Verfügung gestellten worden sein. Kosten für Besuche in der Sterne- und Spitzengastronomie sowie für Geburtstagsfeiern und Geschenke seien deutlich zu hoch gewesen.

Kammermitglieder sollen in unzulässiger Weise bei Ausschreibungen bevorzugt worden sein. Beanstandet wird auch die Ein- und Höhergruppierung von Mitarbeitern. Der Rechnungshof kritisierte zudem die „aufgeblähte Organisation“ der Kammer. Nicht Teil des Rechnungshof-Jahresberichts 2021 war am Donnerstag die Prüfung der Hochschule der Bildenden Künste. „Das ist nicht mehr unser Verfahren“, weil Unterlagen und Belege fehlten, sagte Präsidentin Groh. Stattdessen ermittelt nun die Staatsanwaltschaft.

Illegale Konten an der Hochschule für Bildende Künste?

Was Annette Groh sagen konnte: Prüfer entdeckten ein Konto mit insgesamt 19 Unterkonten, die außerhalb des regulären Haushaltes geführt wurden und auf denen Zahlungen von über einer Million Euro eingegangen waren. Die Staatsanwaltschaft geht nun dem Verdacht nach, dass an der Kunsthochschule über Jahre Drittmittel zweckentfremdet wurden, etwa für Feiern, Bewirtungen oder den Einkauf von Wein.

Weniger ein Fall für den Staatsanwalt, eher einer für die Politik ist die Kritik des Rechnungshofs am Sondervermögen zur Bewältigung der Corona-Pandemie im Saarland. Die Prüfer bezweifeln, dass 100 Millionen Euro, die zum Ausbau von Gigabitnetzen vorgesehen sind, oder 50 Millionen Euro, die für „moderne Mobilität“ veranschlagt werden, in Zusammenhang mit der Pandemie gebracht werden dürfen, und reden von „haushalterischem Verschiebebahnhof“.

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