Rheinland-Pfalz Schafherden mit Ultraschall gegen Wölfe schützen?

Der Wolf löst tiefsitzende Ängste aus.
Der Wolf löst tiefsitzende Ängste aus.

Gerade mal eine Wölfin ist bisher in Rheinland-Pfalz sesshaft geworden. Und zwar am 654 Meter hohen Stegskopf im Westerwald auf einem früheren Truppenübungsplatz. Während Naturschützer sich darüber freuen, löst die Wölfin vor allem bei Schäfern und Hobbytierhaltern Befürchtungen aus. Zumal es bei dem einen Isegrim kaum bleiben dürfte.

Die Infoveranstaltung des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums zum Thema „Rückkehr der Wölfe“ am vergangenen Wochenende in Hachenburg/Westerwald ist ausgebucht. Nach stundenlangen Diskussionen meldet sich ein junger Mann zu Wort: Die Leute, die da immer nur über Probleme reden, die seien doch in Wahrheit nur dagegen, dass sich der Wolf auch in Rheinland-Pfalz wieder ausbreitet. Da springt Annabell Reeh von ihrem Platz auf: „Bei aller Freude über die Wölfe – wir haben auch die große Gruppe der Tierhalter“, erwidert die junge Frau. Als Zuchtleiterin des Landesverbandes der Schaf- und Ziegenhalter und als Betreiberin eines Hofes, der nur 600 Meter vom Stegskopf entfernt ist, ist sie gleich doppelt betroffen. Zusammen mit ihrem Partner züchtet sie Schafe zweier vom Aussterben bedrohter Rassen. Auch wenn die Tiere später geschlachtet werden, „sind sie wie Haustiere für mich. Wenn man die Lämmer mit der Flasche aufzieht, geht es auch um Ängste und Emotionen“. Auch darüber müsse gesprochen werden.

Elektrozäune sollen frühzeitig abschrecken

Um im Freien gehaltene Schaf- oder Ziegenherden vor Wölfen zu schützen, empfehlen Fachleute, mindestens 90 Zentimeter hohe Elektronetzzäune aufzustellen. Denn, so Gesa Kluth vom sächsischen Lupus-Institut: „Wölfe lernen an nicht ausreichend gesicherten Schafen und Ziegen, dass sie eine leichte Beute sind.“ Je häufiger die Raubtiere diese Erfahrung machen, desto eher werden sie Geschmack an solchen Herden finden. Und dann, so Gesa Kluth, lassen sie sich auch von Elektrozäunen nicht mehr vom Eindringen abhalten. Ein solcher Isegrim gilt als „verhaltensauffällig und kann nach dem rheinland-pfälzischen Wolfsmanagementplan von den Behörden getötet werden. Wie schwierig das ist, ist derzeit in Niedersachsen zu beobachten. Über 40 Schafe und andere Nutztiere hat ein „GW717m“ genannter „Problemwolf“ gerissen. Doch seit Februar bleibt die Jagd auf ihn erfolglos. In Rheinland-Pfalz ist die Anzahl von Nutztieren, die von durchziehenden Wölfen getötet werden, – noch – überschaubar: Für 24 gerissene Schafe oder Ziegen wurden seit 2015 Entschädigungen beantragt, berichtet Barbara Friemel, Artenschutzreferentin beim Mainzer Umweltministerium. Alles in allem seien dafür 3500 Euro gezahlt worden. Und für Präventionsmaßnahmen wie Elektroschutzzäune seien etwa 100 Anträge mit einer Fördersumme von zusammen 161.000 Euro gestellt worden. Und dennoch sehen Schafhalter wie Klaus Michels im Wolf „ein riesengroßes Problem“. Vor allem aufgrund der Erfahrungen in Nord- und Ostdeutschland. 75 Wolfsrudel und 33 Paare sollen aktuell in Deutschland leben, sagt Gesa Kluth. Mehr als 5000 Nutztiere haben sie laut der Wolfsforscherin von 2002 bis 2017 gerissen. Dafür flossen 190.000 Euro an Entschädigungen und 1,3 Millionen Euro für die Prävention. „Wenn der Wolf auch zu uns kommt, kann ich den Herdenschutz nicht in der Form gewährleisten, wie er nötig wäre“, fürchtet Schafhalter Michels. Seine Tiere weiden in der Eifel. Das ist eine Schieferregion, da kann er die Netzzäune kaum im Boden verankern. Außerdem: „Die Betriebe haben gar nicht die Leute, um die Netze aufstellen zu können.“ Der Wolf ist für die Schäfer nur eines von mehreren Sorgenkindern, so Günther Czerkus, der Vorsitzende des Bundesverbandes Berufsschäfer. „Eine völlig abartige Bürokratie“ und die miserable Bezahlung ihrer Arbeit – unter 2,40 Euro für ein Kilo Lammfleisch – seien die Hauptprobleme. Bei der Suche nach Alternativen für die arbeitsaufwendigen Elektrozäune bleiben die Schäfer auf sich gestellt, sagt Czerkus. Auf eigene Kosten haben sie 20 Ultraschallhalsbänder angeschafft. Sie registrieren, wenn die Schafe unruhig werden und senden dann „extrem unangenehme Töne“ aus, die von Menschen und Schafen nicht gehört werden, aber wohl Wölfe abschrecken. In Afrika sollen die Dinger bei Hyänen und Schakalen gute Dienste leisten, ob sie auch hierzulande funktionieren, wird untersucht.

Verhaltensauffällige Tiere töten

Und was ist mit den Gefahren für Menschen? – „Bei aller Freude über die Rückkehr des Wolfes muss der Schutz des Menschen Vorrang haben“, betont Umweltstaatssekretär Thomas Griese (Grüne). Verhaltensauffällige Wölfe, die sich immer wieder Siedlungen oder Menschen nähern und sich nicht vergrämen lassen, müssten getötet werden. „Was ist mit Kindern, kann ich ein Kind noch allein in den Wald lassen“, wird am Ende der Tagung gefragt. „Die vierjährige Tochter mit dem Hund vielleicht nicht“, antwortet Artenschutzreferentin Friemel. Vor allem deshalb nicht, weil das Kind „den Hund nicht beherrscht“. 

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