Koblenz/Saarlouis Toter Flüchtling: Brandanschlag soll nach über 30 Jahren aufgeklärt werden

Nach der Festnahme eines Neonazis im April findet in Karlsruhe beim Bundesgerichtshof die Haftprüfung statt. Jetzt steht der 51-
Nach der Festnahme eines Neonazis im April findet in Karlsruhe beim Bundesgerichtshof die Haftprüfung statt. Jetzt steht der 51-Jährige wegen Mordes in Koblenz vor Gericht.

Über 30 Jahre nach dem Tod des Ghanaers Samuel Yeboah, der 1991 bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis starb, startet nun in Koblenz der Prozess gegen einen Neonazi.

31 Jahre nach einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft im Saarland beginnt an diesem Mittwoch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz ein Mordprozess gegen einen 51-Jährigen. Der 27-jährige Asylbewerber Samuel Yeboah aus dem westafrikanischen Ghana ist 1991 infolge des Feuers gestorben. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten in dem Verfahren vor dem Staatsschutzsenat des OLG vor, das Feuer aus rassistischer Gesinnung gelegt zu haben.

Beispiel Hoyerswerda

Der Deutsche sitzt seit April 2022 in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat Anklage unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes in 20 Fällen erhoben. Der 51-Jährige bestreitet laut dem OLG Koblenz die Vorwürfe.

Nach früheren Angaben der Bundesanwaltschaft hatte er im Alter von 20 Jahren am Abend des 18. September 1991 in einer Gaststätte in Saarlouis über rassistisch motivierte Anschläge auf Unterkünfte für Ausländer im sächsischen Hoyerswerda gesprochen.

„Die Gesprächsteilnehmer machten deutlich, dass sie die Begehung solcher Anschläge auch in Saarlouis gutheißen würden“, hieß es. Der heute 51-Jährige soll sich noch in derselben Nacht auf den 19. September 1991 einen Kanister mit Benzin besorgt, dieses ins Treppenhaus des Wohnheims für Asylbewerber gegossen und angezündet haben.

Yeboah stirbt, andere retten sich mit Sprung

Das Feuer breitete sich rasch aus. Im Dachgeschoss erlitt Samuel Yeboah laut OLG schwerste Verbrennungen und eine Rauchvergiftung. Er starb noch am selben Tag. Zwei andere Hausbewohner seien aus einem Fenster gesprungen und hätten sich Knochen gebrochen. 18 weitere Bewohner brachten sich den Angaben zufolge über Feuerleiter, Fenster und Balkone unverletzt in Sicherheit.

Fehler bei den damaligen Ermittlungen

Nach dem Anschlag blieben die Ermittlungen zunächst ohne Erfolg und wurden eingestellt. Der Fall galt als bekanntester ungelöster extremistischer Mordfall Deutschlands. Erst vor zwei Jahren wurden die Ermittlungen wegen neuer Erkenntnisse wieder aufgenommen, die Bundesanwaltschaft übernahm den Fall. Eine Sprecherin des OLG Koblenz erklärte: „Eine Zeugenaussage hat zu neuen Ermittlungen geführt.“ Zuvor waren die ursprünglichen Ermittlungen der saarländischen Justiz eingestellt worden. Die Saar-Polizei entschuldigte sich für „Defizite in der damaligen Polizeiarbeit“.

Die Zuständigkeit des OLG Koblenz in Rheinland-Pfalz ergibt sich aufgrund eines Staatsvertrages mit dem Saarland. Das Verfahren ist komplex. Laut einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Fortdauer der Untersuchungshaft des 51-Jährigen hat es bei der Anklageerhebung 49 Aktenordner umfasst. Das OLG Koblenz hat vorerst neun Verhandlungstage bis zum 20. Dezember anberaumt.

Erst am 19. September, exakt 31 Jahre nach dem rassistischen Brandanschlag in Saarlouis, hatten dort am einstigen Tatort rund 60 Menschen des getöteten Asylbewerbers Samuel Yeboah gedacht. An einer von der Stadt errichteten Gedenktafel wurden Blumen niedergelegt.

Einen früheren Bericht zu der Festnahme des Neonazis lesen Sie hier

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