Rheinland-Pfalz Was in der Kita bald anders wird

Ab Donnerstag: Rechtsanspruch auf durchgehende siebenstündige Betreuung mit Mittagessen.
Ab Donnerstag: Rechtsanspruch auf durchgehende siebenstündige Betreuung mit Mittagessen.

Am Donnerstag tritt ein weiterer Teil des neuen Kita-Gesetzes in Kraft. Die Einrichtungen stehen vor großen Herausforderungen. Die größte wird sein, mehr Personal zu finden. Wie das Land das Problem lösen will.

Auf die rund 2650 Kitas im Land kommt einiges zu. Ab Donnerstag gibt es einen Rechtsanspruch auf eine durchgehende, siebenstündige Betreuung in der Kita, wenn das Kind das zweite Lebensjahr vollendet hat – Mittagessen inklusive. Durch das neue Gesetz wird in den meisten Kitas nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums mehr Personal benötigt, weil sich auch die Berechnung ändert.

Das Personal wurde bislang nach der Anzahl der Kita-Gruppen kalkuliert. Nun dient als Grundlage die Anzahl der Betreuungsplätze und das Alter der Kinder. Je kleiner die Kinder, desto größer der Personalbedarf. Als das Gesetz 2019 verabschiedet wurde, schlugen die Wellen hoch.

2019 habe eine Fachkraft in Pirmasens noch 11,5 Kinder betreut, während sich eine im Kreis Germersheim um 6,6 Kinder gekümmert hat, berichtete die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Montag in Mainz. Zusammen mit dem Präsidenten des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung, Detlef Placzek, sowie dem Vorsitzenden des Landeselternausschusses, Andreas Winheller, präsentierte sie den Zwischenstand der Umsetzung des neuen Gesetzes.

Mit dem neuen Berechnungsmodell soll es mehr Durchblick geben – für Eltern und Personal. Winheller berichtete: „Das alte Gesetz ist selbst vom Fachpersonal nicht richtig verstanden worden. Die wahre Personalsituation war teilweise krass unterschiedlich.“ Manche hätten eine Traumsituation, andere Kitas seien davon weit entfernt.

In vielen Kindertagesstätten muss nun mehr Personal eingestellt werden. Angesichts des Fachkräftemangels ist diese Aufgabe nicht leicht zu lösen. Neben einer Fachkräfte-Offensive, die Hubig bald vorstellen will, setzt das Land auch darauf, dass die Deckelung von einem Azubi pro Kita ab Donnerstag entfällt. Es können also mehr Menschen gleichzeitig ausgebildet werden. Die Leitung erhält zudem mehr Zeit, um sich um Azubis und Studierende zu kümmern.

Bis zu 30 Prozent der Belegschaft muss außerdem nicht aus Fachpersonal bestehen. „Ich kann mir auch vorstellen, dass mal ein Musiker oder ein Schreiner in die Kita kommt“, sagte Hubig. Winheller ergänzte: „Wenn wir mehr Wirtschaftskräfte haben, die sich um die Essensausgabe kümmern oder das Tellerabräumen übernehmen, haben die Erzieher mehr Zeit für die Kinder.“ Das sei nicht immer so gewesen. In manchen Kitas sei sogar die Wirtschaftskraft gestrichen worden.

In Einzelfällen könne es sein, dass eine Kita nach der neuen Berechnung zu viele Fachkräfte hat – Auszubildende nicht mitgerechnet, teilt das Land mit. „In diesen Fällen können gegebenenfalls über Mittel aus dem Sozialraumbudget die überzähligen Stellen mitfinanziert werden. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe müsste dies in seiner Konzeption zum Sozialraumbudget vorsehen“, erläutert das Ministerium auf Anfrage.

Das Sozialraumbudget umfasst 50 Millionen Euro und ist ebenfalls Teil des Kita-Gesetzes. Die Jugendämter können entscheiden, welche Kita welchen Betrag wofür erhält, beispielsweise Sprachförderung oder Integration. Der Schlüssel für die Förderung der Kita-Sozialarbeit bemisst sich zur Hälfte aus der Anzahl der Kinder aus Hartz-IV-Haushalten und zur Hälfte aus dem Anteil der Kinder, die unter sieben Jahren alt sind.

Kitas, deren Personalschlüssel noch nicht neu berechnet und vom Land genehmigt wurde, können trotzdem weiter arbeiten. „Es muss am Donnerstag niemand Angst haben, dass die Rollläden runtergehen und die Kita für immer schließt, weil sie keine neue Betriebserlaubnis hat“, betonte Hubig. Placzek ergänzte: Wer bis zum 30. Juni einen Antrag stelle, erhalte auch eine neue Erlaubnis.

Am Donnerstag wird die Kita-Welt nicht schlagartig eine andere sein. „Wir erwarten keine Umsetzung auf Knopfdruck“, sagte die Ministerin. Die Verpflichtung, jedem Kind ein warmes Mittagessen anzubieten muss beispielsweise bis 2028 umgesetzt sein. Über das Mittagessen wird ab Donnerstag dann auch im neu geschaffenen Kita-Beirat diskutiert. Dort sitzen künftig Vertreter des Trägers, des Fachpersonals, Eltern und Vertreter der Kinder zusammen.

Teile des neuen Gesetzes wurden bereits umgesetzt. Dazu zählt die Beitragsfreiheit für Kinder, die das zweite Lebensjahr vollendet haben. Sie gilt seit 1. Januar 2020.

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