Rheinland-Pfalz RHEINPFALZ Plus Artikel Mäharbeiten als Insektenkiller: Neue Technik im Testversuch

Ein nach Herstellerangaben insektenfreundliches Mähwerk, vor das bewegliche Zinken montiert wurden, um Insekten aufzuscheuchen.
Ein nach Herstellerangaben insektenfreundliches Mähwerk, vor das bewegliche Zinken montiert wurden, um Insekten aufzuscheuchen.

Mäharbeiten am Straßenrand machen den Verkehr sicherer, töten aber einen Großteil der Insekten, die dort leben. Der Landesbetrieb Mobilität und die Uni Koblenz wollen jetzt herausfinden, ob sich mit besserer Technik insektenfreundlicher mähen lässt.

Drei orangefarbene Unimogs mit Mäh-Auslegern stehen Schlange am Rand einer Landstraße, je ein Fahrer einsatzbereit am Fahrzeug. Vor den drei Mähriesen ein drei Meter breiter und 30 Meter langer Grasstreifen, der bei einem früheren Mäheinsatz ausgespart wurde. Drei Unimogs für eine Fläche von der Größe eines Hinterhofs: Das Bild von den Kanonen, die auf Spatzen schießen, es könnte für diese Szene erfunden worden sein.

Um den Tod kleiner Tiere in einem ungleichen Kampf gegen die Technik geht es hier tatsächlich – am Straßenrand bei Nanstätten im Rhein-Lahn-Kreis, zehn Autominuten von der Loreley entfernt. Der ungewöhnliche Mäheinsatz ist Teil eines Pilotprojekts. „Es gibt zwei neue Mähwerke, die an den Straßenrändern bei den Mäharbeiten weniger Insekten töten sollen. Ein Teil unserer Untersuchung ist, ob wirklich mehr Insekten überleben“, erzählt der Biogeowissenschaftler Niklas Hein vom Institut für Integrierte Naturwissenschaften der Uni Koblenz. Für ihn ist der Forschungseinsatz am Straßenrand Teil seiner Doktorarbeit.

Eine von 30 Testflächen bei Nanstätten im Rhein-Lahn-Kreis im Norden von Rheinland-Pfalz.
Eine von 30 Testflächen bei Nanstätten im Rhein-Lahn-Kreis im Norden von Rheinland-Pfalz.

Insektensterben klar erkennbar

Der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM), der das Projekt finanziert, setze damit einen Teil des Koalitionsvertrags der Mainzer Ampel-Regierung von SPD, Grünen und FDP um, berichtet Regina Nick, Leiterin der Fachgruppe Umwelt und Landespflege beim LBM. Ein Blick in diesen Koalitionsvertrag zeigt: Der Landesbetrieb Mobilität und die Obere Naturschutzbehörde – deren Interessen naturgemäß eher auseinandergehen – werden zur Zusammenarbeit aufgefordert, um mehr „naturnahe Verkehrsbegleitflächen“ zu schaffen.

Auf den Straßenrand angewendet, stehen also die Fragen im Raum: Wie lassen sich beim Mähen Naturschutz und Verkehrssicherheit verbinden? Geht das überhaupt? Und was kostet das? Eine Antwort soll der im Juli gestartete Mähtest im Rhein-Lahn-Kreis geben – auf 30 gleich großen Versuchsflächen in 30 unterschiedlichen Lagen, die den Mäh-Alltag einer Straßenmeisterei repräsentieren sollen.

Die Rahmenbedingungen des Zielkonflikts Verkehrssicherheit/Naturschutz sind einigermaßen klar. Auf der einen Seite steht das Insektensterben, das sich im Sommer jeder selbst herleiten kann: Es kleben viel weniger Insekten tot an den Windschutzscheiben als noch vor 20, 30 Jahren. Studien belegen diese Entwicklung. Biologen aus Krefeld konnten nach langjähriger Feldforschung 2017 nachweisen, dass die Biomasse (also die Menge) der Insekten, die ihnen an 60 Orten vor allem im Rheinland in die Netze flogen, innerhalb von 27 Jahren um etwa drei Viertel zurückgegangen war.

Zwei Schachbrettfalter. Beim Mähen von Grünflächen werden 60 bis knapp 90 Prozent aller Insekten getötet.
Zwei Schachbrettfalter. Beim Mähen von Grünflächen werden 60 bis knapp 90 Prozent aller Insekten getötet.

Das berichtet die Insektenkundlerin Maura Haas-Renninger, die sich am Naturkundemuseum Stuttgart mit dem Insektensterben und dem Nutzen der Insekten für die Umwelt befasst. Haas-Renninger schrieb Anfang Mai in einer Publikation für das Museum außerdem, beim Mähen von Grünflächen würden 60 bis 88 Prozent aller Insekten getötet. Keine erfreulichen Werte.

Zweimal im Jahr wird gemäht

Am Straßenrand geht es aber eben auch um die Sicherheit. Autofahrer müssen Markierungen und Katzenaugen, Schilder, Kreuzungen und Abbiegungen gut und rechtzeitig erkennen können. Und die Mäharbeiten sollen effizient und wirtschaftlich vonstattengehen.

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