Inklusion Mit Behinderung mitten auf den Bühnen der Welt
Ein Mann, graue Haare, spindeldürr, liegt auf dem kalten Linoleumboden eines Künstlerlofts. Nur eine beige Unterhose schützt seinen Körper vor den Blicken des Publikums, seine dünnen Arme und Beine sind mit einer klirrenden Metallkette gefesselt. Sein Körper ist angespannt, seltsam verdreht, sein Rücken buckelig. „Abgelehnt!“, ruft er, doch er ist schwer zu verstehen. Seine Aussprache ist undeutlich, er nuschelt, verschluckt Silben. Spucke läuft ihm am Kinn runter.
Roland Walter, 60, ist mit spastischen Lähmungen zur Welt gekommen. Im Kindesalter kam eine schwere Sprachstörung hinzu. Heute reist er als Performance-Künstler um die Welt, spielte schon auf zahlreichen nationalen und internationalen Bühnen. 460 Auftritte. Von Hamburg über Buenos Aires, von Salzburg bis nach Sevilla.
In den ersten Jahren stand die Behinderung oft im Fokus der Inszenierungen. Die Barrieren, die ihn einschränken, sein Wille, frei und unabhängig zu leben. Doch sein Rollstuhl rückt auf der Bühne immer mehr in den Schatten, das Zwischenmenschliche dagegen ins Scheinwerferlicht: Angst, Trauer, Liebe, Einsamkeit.
Bisher Nischen-Angebot
Was sieht das Publikum, fragt sich der Performer. Einen Mann mit Behinderung? Einen Freund auf Augenhöhe? Einen potenziellen Lebenspartner? Einfach einen Mann? Die Gesellschaft weist Künstlern mit Behinderung eine kleine Nische zu. In Tanzgruppen für Menschen mit Behinderung oder auf den Bühnen inklusiver Theaterfestivals sind sie willkommen. Doch Roland Walter sieht das nicht ein. Er will sich nicht einengen lassen und testet auf der Bühne Grenzen aus: seinen eigenen körperlichen, aber auch die „Toleranzgrenzen der Zuschauer“, wie er es nennt.
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