Pfalz Tipps vom Tattoo-Profi: „Hals und Hände immer am Ende“
Obwohl es im Film „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ nicht um Tattoonadeln geht und Christiane F. sicherlich kein klassisches Vorbild ist, hat sie „Helle“ inspiriert. Mit 14 Jahren sah er den Film und war sofort angefixt. Doch sein „Stoff“ war nicht Heroin, sondern Tinte. Von einer Freundin ließ er sich einen Buchstaben auf den Unterarm stechen, mehr schlecht als recht. Damit begann ein Lebensweg, der ihn schließlich in die Pfalz führen sollte.
Eine Lebensgeschichte in Tinte
Heute sitzt der 48-jährige Helmut Schönberger in seinem Studio „Art-Gerecht“ in Speyer Nord. Inmitten einer kleinbürgerlichen Wohngegend hat er seinen Platz gefunden. In einem mittelgroßen Raum liegt der Geruch von Desinfektionsmittel in der Luft. Die Maschinen summen leise im Hintergrund. An den Wänden hängen gerahmte Bilder – einige sind Erinnerungen, andere zeigen kunstvoll gestaltete Totenköpfe. Einer dieser Totenköpfe prangt auch auf seiner Stirn. „Helle“, ein Mann mit zur Seite gelegten Haaren und einem Piercing in der Nase, ist kaum zu übersehen. Sein ganzer Körper ist mit Tattoos bedeckt: Die Geschichte seines Lebens in Tinte geschrieben.
Mit 16 Jahren ließ er sich von einem professionellen Tätowierer stechen, und ab da war es endgültig um ihn geschehen. Seinen Körper zierten immer mehr Tattoos, und er fand immer mehr Anschluss an eine Szene, die damals noch stark von Rockern und anderen Subkulturen geprägt war. An seine Zeit als Logistikleiter in Nürnberg denkt er nur noch selten zurück. Damals übte er das Stechen an sich selbst und machte den fließenden Übergang zum Tätowieren anderer.
Während „Helle“ einem Kunden den Brustbereich tätowiert, spricht er über seine Anfänge im Tattoogeschäft und die Veränderungen in seinem Leben. Durch seine damalige Freundin aus Ludwigshafen zog es ihn in die Pfalz, wo er bis heute geblieben ist. Sein Leben hat sich seither verändert: Er ist verheiratet und hat drei Kinder. 2014 eröffnete er das „Art-Gerecht“ im Birkenweg in Speyer Nord, vor zwei Jahren zog er aus Platzgründen in die Ruhhecke um. Nun reicht der Platz für die drei Tätowierer und die Piercerin, die hier arbeiten.
Trend bei 20- bis 40-Jährigen
Früher waren Tattoos ein Zeichen von Rebellion, heute trägt jeder fünfte Mann in Deutschland eines, auch jede vierte Frau ist tätowiert. Besonders stark ausgeprägt ist der Trend bei den 20- bis 40-Jährigen. Diese Zahlen des Meinungsforschungsinstituts Yo uGov untermauern, was „Helle“ in seinem Studio täglich erlebt. Er sagt: „Wir haben hier Kunden aller Gesellschaftsschichten und mit den unterschiedlichsten Hintergründen sitzen.“ Zur Geschäftsentwicklung sagt er: „Es ist definitiv mehr geworden.“
Sven Eichele, einer der beiden angestellten Tätowierer in Helmut Schönbergers Studio, stimmt ihm zu. Er sitzt neben „Helle“ und tätowiert zwei Kundinnen. Freundinnen, die sich gemeinsam das gleiche Motiv stechen lassen. Sven hebt immer wieder die Nadel, um einen lockeren Spruch in die Runde zu werfen, der die Schmerzphasen der Kunden kurz unterbricht und alle zum Lachen bringt. Die Atmosphäre im Studio ist entspannt und freundschaftlich, als würden sich Sven und „Helle“ schon ewig kennen. Zwischen den lockeren Sprüchen und Witzen mit den Kunden erzählt Sven von seiner ersten Begegnung mit seinem Chef: „Ich habe ihm auf Facebook geschrieben, war drei Minuten vom Studio entfernt um mich vorzustellen, als er mir abgesagt hat. Aber als ich noch mal gekommen bin, hat es direkt gut funktioniert.“ Sein Chef „Helle“ ergänzt: „Mir ist die Chemie extrem wichtig. Bei uns beiden hat die direkt funktioniert, und daher arbeitet er jetzt seit 2019 hier.“
Sven, 32 Jahre alt, hat ebenfalls an sich selbst geübt, bevor er Kunden zu tätowieren begann. Auch sein Körper ist voller Tattoos, einschließlich seines Gesichts. Viele seiner Motive haben keine tiefere Bedeutung, sondern seien teils spontan entstanden, wie er erzählt.
„Der zärtlichste Stecher“
Ein Mann erscheint unangekündigt im Studio. Es ist Alex, ein Kunde von Sven.
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