Handball Ein Sommermärchen

Siebenmal war die Friedrich-Ebert-Halle in dieser Saison ausverkauft. Das Interesse an den Eulen steigt zunehmend. Das hatte Eul
Siebenmal war die Friedrich-Ebert-Halle in dieser Saison ausverkauft. Das Interesse an den Eulen steigt zunehmend. Das hatte Eulen-Geschäftsführer Marcus Endlich in einem Interview vergangenes Jahr noch bezweifelt. Für Trainer Matschke ist der Zuschauerzuspruch eine Wertschätzung für die Arbeit.

«Ludwigshafen.»U28 – dieser Begriff zog sich durch die ganze Saison der Eulen Ludwigshafen. Immer wieder wies Trainer Ben Matschke darauf hin. Denn Matschke wusste: Bleibt seine Mannschaft U28, dann steigt sie nicht ab. U28 steht für unter 28 Tore pro Spiel im Durchschnitt. „Alle Teams, die im Schnitt mehr als 28 Tore bekommen haben, sind in den vergangenen zehn Jahren abgestiegen“, sagt Matschke. Das traf auch auf die TSG Friesenheim zu. 2010 stieg der Klub erstmals in die Bundesliga auf, 2011 wieder ab. 31,2 Tore hatte die Mannschaft damals pro Spiel im Durchschnitt bekommen. 2014 folgte der zweite Bundesliga-Aufstieg und wieder ging es sofort runter – weil die Mannschaft 30,7 Tore im Schnitt fing. Doch vorige Runde knackten die Eulen endlich die Marke: 27,7 Gegentreffer pro Partie. Matschkes Prophezeiung vor der Saison sollte sich bewahrheiten. Nun sagen Statistiken vieles aus. Sie können einen aber auch schier „erschlagen“. Ob eine Statistik einen Aha-Effekt hat oder den erhofften Impuls bringt, hängt davon ab, wie die Daten aufbereitet und präsentiert werden. Ben Matschke legt großen Wert auf Fakten. „Ich bin ein Zahlenjunkie“, gibt der 35 Jahre alte Eulen-Trainer zu: „Zahlen sind für mich etwas greifbares.“ Zahlen geben Matschke Anhaltspunkte, Bestätigungen oder legen ihm Defizite offen. „Ich habe anhand der Daten individuelle Ziele abgeleitet für die Trainingswoche“, betont Matschke. Immer montags gab es eine 30-minütige Analyse. Da präsentierte Matschke seine Fakten. Matschke hatte sich schon in seiner Zeit als Trainer beim TV Hochdorf ein Punktesystem ausgedacht und in den Jahren verfeinert. Jeder Spieler bekam für eine gute Aktion eine gewisse Anzahl an Punkten – beispielsweise für gutes Rückzugsverhalten, für einen Ballgewinn, für einen verwandelten Siebenmeter oder für einen rausgeholten Siebenmeter. Dieses Punktesystem entwickelte eine Eigendynamik in der vergangenen Runde. „Die Spieler wollten montags sofort die Punkte wissen“, sagt Matschke. Diese Zahlen gaben ihm Aufschlüsse. „Ich wusste anhand der Daten, wer der richtige Spieler in den wichtigen Phasen war.“ Die moderne Trainingsarbeit zahlte sich schließlich aus. Erstmals in der Vereinsgeschichte sind die Eulen nicht sofort wieder nach einem Aufstieg abgestiegen. Dabei wurden die Eulen von den sogenannten Handball-Experten als erster Absteiger abgestempelt. Die Eulen hatten nach eigenen Angaben einen Etat von 1,2 Millionen Euro – wie auch der TV Hüttenberg. Mit solch geringen Mitteln ist ein Klassenverbleib unmöglich, war immer wieder zu hören. Von solchen Aussagen ließen sich die Eulen Ludwigshafen aber nicht aus der Ruhe bringen. „Ich habe immer daran geglaubt, weil ich immer das Gefühl hatte, die absolute Rückendeckung im Team und im Verein zu haben“, sagt Matschke. Die Spieler haben sich laut Matschke zum Saisonende hin sogar selbst gemaßregelt. Innerhalb des Teams pushten sich die Spieler, spornten sich gegenseitig im Training an, pflegten einen offen, ehrlichen und kritisch-konstruktiven Umgang miteinander. Das war nicht unbedingt selbstverständlich. Denn die Eulen blieben zwischenzeitlich 17 Spiele ohne Sieg, gewannen sechs Spiele in dieser Saison – fünf davon zu Hause. Und trotzdem schaffte die Mannschaft den Ligaverbleib. Andere Klubs feuerten Trainer, weil sie im Abstiegskampf nervös wurden und glaubten, handeln zu müssen. Die Eulen-Geschäftsführung um Marcus Endlich bewahrte die Ruhe und hielt an Matschke fest. Die Treue sollte sich bezahlt machen. Die erfolgreiche Saison hat eine gewisse Begeisterung im Umfeld ausgelöst. Siebenmal war die Friedrich-Ebert-Halle ausverkauft. „Wir haben nur fünf von 17 Heimspielen gewonnen und trotzdem kamen die Leute in die Halle. Also müssen wir ja etwas getan haben, was die Leute dazu bewogen hat, weiter zu den Spielen zu kommen“, zeigt sich Matschke dankbar, ob der Unterstützung der Fans. Der 35 Jahre alte Eulen-Coach ist zuversichtlich, dass sich die Mannschaft in der Bundesliga etablieren kann. „Wenn das Umfeld weiter wächst, dann glaube ich, dass in Ludwigshafen etwas wachsen kann“, sagt Matschke. Erste Erfolge gibt es. Aus 80 Sponsoren von vor einem Jahr sind aktuell 115 geworden. Auch ist der Zuschauerschnitt gestiegen. Die Eulen Ludwigshafen sind demnach auf einem guten Weg, sich als Marke, als Synonym für Top-Handball in der Region zu etablieren. „Wir haben ein Alleinstellungsmerkmal in Rheinland-Pfalz“, betont Matschke. Die Eulen sind der einzige Handball-Bundesligist in Rheinland-Pfalz. „Es wäre schön, wenn der Standort Ludwigshafen automatisch mit Handball in Verbindung gebracht würde. Außerdem wäre es toll, wenn sich in der Pfalz für Spitzenhandball das Synonym Eulen Ludwigshafen etablieren würde“, sagt Matschke. Der Anfang ist gemacht. „Momentan bin ich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Ich will in dieser Entwicklung eine Rolle spielen und werde alles dafür geben“, sagt Matschke.

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