Fußball BGH-Urteil: Martin Kind als Geschäftsführer von Hannover 96 abberufen

Martin Kind rückt in den Aufsichtsrat von Hannover 96.
Martin Kind rückt in den Aufsichtsrat von Hannover 96.

Martin Kind ist nicht mehr Geschäftsführer von Zweitligist Hannover 96. Gegen seine Abberufung hat sich der umstrittene Geschäftsmann jahrelang gewehrt. Nun hat er eine finale Niederlage einstecken müssen.

Nach der Urteilsverkündung waren die Gefühlsunterschiede deutlich zu erkennen: auf der einen Seite die Vertreter von Hannover 96, die sich schwer erleichtert gratulierten und teils in die Arme fielen. Auf der anderen Seite verließ Martin Kinds Anwalt schnell den Saal. Kind selbst war nicht erschienen.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist eindeutig und endgültig: Kind ist nicht länger Geschäftsführer von Hannover 96. Damit gehen ein jahrelanger Rechtsstreit und eine Ära zu Ende. Denn Kind war seit 1997 bei Hannover in verschiedenen entscheidenden Funktionen tätig.

Problematische Doppelrolle

Die Strukturen bei Hannover 96 sind sehr komplex – dies hat im Wesentlichen mit der Ausgliederung der Profiabteilung zu tun. Laut der 50+1-Regel müssen alle Vereine stets die Stimmenmehrheit in den ausgegliederten Sparten behalten. Deswegen existiert die Management GmbH, der der Profibereich zu 100 Prozent gehört. In deren Aufsichtsrat gibt es allerdings eine Pattsituation zwischen Management und Investoren. Bei deren Gesellschaft ist wiederum Kind Geschäftsführer – jedoch in einer Doppelrolle als Geschäftsführer der Management GmbH. Diese Konstellation sorgte immer wieder für Spannungen.

Das Verhältnis zwischen Mutterverein und Kind ist schon länger belastet. Endgültig eskalierte die Situation in der Diskussion um einen Investoreneinstieg bei der DFL. Denn Kind soll, anders als vom Verein angewiesen, für einen Einstieg gestimmt und damit für die Stimmenmehrheit gesorgt haben.

Kind soll gegen Weisungen verstoßen haben

Insgesamt soll Kind mehr als hundertmal gegen Weisungen des Vereins verstoßen haben, wie der Mutterverein reklamiert. Außerdem seien Informationen und Zahlungen vorenthalten worden. Kind habe also seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt, argumentiert der Mutterverein.

Deshalb hat die Gesellschafterversammlung Kind vor zwei Jahren abberufen, obwohl der Aufsichtsrat hätte zustimmen müssen. Dass diese nicht eingehalten worden ist, begründete der Verein mit einer sogenannten Satzungsdurchbrechung. Eine solche ist laut Unternehmensrecht zwar im Einzelfall möglich, kann aber angefochten werden. Das Gericht folgte nun der Argumentation des Vereins. Zwar habe es bei der Abberufung Verstöße gegen verschiedene interne Regelungen gegeben, dies reiche aber nicht aus, um den Beschluss der Gesellschafterversammlung insgesamt für nichtig zu erklären.

Kind rückt in den Aufsichtsrat

Martin Kind hatte nach der Abberufung gegen diese Entscheidung geklagt und in den beiden Vorinstanzen Recht bekommen. Beide Gerichte begründeten dies mit dem 2019 geschlossenen „96-Vertrag“. Dieser Vertrag sollte die Vorgänge im komplexen Konstrukt Hannover 96 regeln. Das Problem dabei: Das Verhältnis zwischen Vereinsseite und Geldgebern war zwei zu zwei. Sollte also Martin Kind abberufen werden, hätte es dafür auch eine Stimme der Investoren bedurft. Und für die Abberufung gab es diese Stimme nicht. Für die beiden Vorinstanzen Grund genug, Kind Recht zu geben. Der Bundesgerichtshof hingegen sah das nicht so.

Nach der Urteilsverkündung zeigte sich der Aufsichtsratsvorsitzende von Hannover 96, Ralf Nestler, erleichtert, dankte Kind aber für dessen Verdienste um den Verein. Die Gegenseite hingegen wurde umgehend aktiv und vermeldete: Martin Kind rückt für die Investoren in den Aufsichtsrat nach. Genau jener Aufsichtsrat muss nun einen neuen Geschäftsführer bestimmen. Erfolgt keine Einigung, muss ein externer Not-Geschäftsführer bestellt werden.

„Vorgang wirft Fragen auf“

Wie sich jetzt die DFL bezüglich Hannover 96 verhält, werden die kommenden Wochen zeigen. Denn auch wenn der Geschäftsführer nun nicht mehr Martin Kind heißt – die problematische Struktur bleibt. Vor allem muss die DFL sich zu der Frage äußern, ob sie den „96-Vertrag“ in dieser Form weiterhin duldet.

Auch das Bundeskartellamt hat die Situation bei Hannover 96 auf dem Schirm. Schon zu einem früheren Zeitpunkt hatte es verlauten lassen: „Dieser Vorgang wirft Fragen im Hinblick auf die konsistente Anwendung der 50+1-Regel auf.“

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