Kommentar Deniz Undav bei der Nationalmannschaft: Ein Typ, den man lieben muss

Ein Schelm, der Tore schießen kann: Deniz Undav.
Ein Schelm, der Tore schießen kann: Deniz Undav.

Mit 16 wurde Deniz Undav gesagt, dass er nicht gut genug ist, um Profi zu werden. Jetzt schießt er Tore für die DFB-Elf. Deshalb ist er ein Vorbild für Beharrlichkeit.

Es ist noch nicht einmal viereinhalb Jahre her, als Deniz Undav in einer Partie auf dem Platz stand, die nicht viele Menschen in Deutschland von den Sitzen zu reißen vermochte. SV Meppen gegen die SpVgg Unterhaching, Dritte Liga – viel weniger Strahlkraft ist im deutschen Profifußball nicht denkbar. Für den in Varel in Ostfriesland geborenen Undav, der türkische Wurzeln hat, war es damals trotzdem ein Erfolg, auf dem Platz stehen zu dürfen. Im Juni 2020 schoss Undav den Treffer zum 1:0. Es war sein letztes Tor in der Dritten Liga, danach ging es für den Stürmer steil bergauf.

Der Werdegang ist bemerkenswert

Am Freitag schoss der mittlerweile 28-Jährige beide Tore beim 2:1-Sieg der deutschen Nationalmannschaft in der Nations League in Bosnien und Herzegowina. In etwas mehr als vier Jahren aus der Provinz zum Helden im DFB-Dress, allein das ist eine besondere Geschichte. Aber der Werdegang von Undav ist noch bemerkenswerter, denn im Alter von 16 Jahren wurde er beim SV Werder Bremen ausgemustert. Nicht gut genug, zu pummelig – der kleine, dicke Deniz stand vor einem Leben, in dem Fußball nur ein Hobby sein würde. Er hat es trotzdem geschafft. Dafür und weil Undav bislang völlig uneitel geblieben ist, muss man ihn lieben.

Gegen Bosnien und Herzegowina schoss Undav beide deutschen Tore.
Gegen Bosnien und Herzegowina schoss Undav beide deutschen Tore.

„Wahrscheinlich hätte ich irgendwo in einer Firma gearbeitet, mein Leben so weitergelebt und wäre trotzdem glücklich geworden“, sagte Undav kürzlich in einem Interview – und man nimmt ihm diese Sicht auf die Dinge ab. Weil es ihm gelang, Fußball nach der Ausmusterung in Bremen als großen Spaß zu begreifen, weil der Druck weg war, Profi werden zu wollen und zu müssen, erfüllte sich der Kindheitstraum mit Verspätung doch noch.

Deniz Undav taugt als Vorbild

Deniz Undav steht sinnbildlich dafür, sich von Rückschlägen und Ablehnung nicht abhalten zu lassen, das zu tun, was man liebt. Der inzwischen für den VfB Stuttgart stürmende Profi sieht sich nicht als Vorbild, und ist wahrscheinlich gerade deshalb eines. Undav definiert sich nicht über sein Instagram-Profil, nicht über teure Uhren oder flotte Sportwagen. Er definiert sich über seine Liebe zum Spiel, und das zeichnet ihn auf dem Platz aus.

Es ist ein Grund für den Aufschwung der Nationalmannschaft, dass im Kader nicht nur Undav steht, der eine ungewöhnliche Biografie auf dem Weg hin in die Eliteauswahl geschrieben hat. Robert Andrich und Pascal Groß schafften den Sprung zum DFB über Umwege, ihnen hat nicht zuvorderst ihr Talent, sondern ihre Mentalität dazu verholfen, auf das höchste Level zu gelangen. Sie alle – Undav, Andrich und Groß – geben der Nationalmannschaft eine neue Facette. Sie alle tun dem DFB-Team gut, auf und neben dem Platz. Undav wird inzwischen zu einem Matchwinner, den man lieben muss.

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