Die Wochenend-Kolumne Der Fußball bewegt sich in Richtung eines kritischen Punktes

Rodri, bester Spieler der Europameisterschaft und nun auch Mahner.
Rodri, bester Spieler der Europameisterschaft und nun auch Mahner.

Hat jemand einen Überblick über die neue Champions League? Haben wir nicht schon genug Fußball? Gibt’s irgendwann einen Streik der Stars? Jetzt werden die ersten Mahner vor einem Zuviel laut. Mit Recht.

Das Thema ist ein wenig untergegangen in dieser Woche, in der der europäische Fußballverband Uefa sein neuestes Projekt gestartet hat: eine reformierte Champions League, bei der kaum noch einer so wirklich den Überblick behalten kann, wer denn wann gegen wen und warum spielen muss. Die beschert – ebenso wie Europa League und Conference League im neuen Modus – den Vereinen gleich mal noch ein paar Spielchen mehr und allen, vermutlich, ein paar zusätzliche Penunzen. Irgendwie müssen ja nicht nur die exorbitanten, um nicht zu sagen: unanständigen, Spielergehälter und Ablösesummen finanziert, sondern muss auch die Uefa selbst bezahlt werden.

Genau diese Woche hat der spanische Nationalspieler Rodri genutzt, um zumindest mal leise Protest anzumelden an dem, was die Fußballverbände seit geraumer Zeit so fabrizieren. Wir haben ja nicht nur einen noch weiter aufgeblähten Europapokal, sondern zudem künftig eine ebenso aufgeblähte Club-WM. Den vor wenigen Jahren erfundenen und dann ebenfalls aufgeblähten Nationalmannschaften-Wettbewerb Nations League sollten wir dabei tunlichst nicht vergessen. Und auch nicht die sich ständig vergrößernde Weltmeisterschaft.

Rodri ist kein Niemand, seine Meinung bedeutend

Jener Rodri also, als Europameister und einer der weltweit besten Mittelfeldspieler nicht gerade ein Niemand, hat angemerkt, dass es so langsam ein bisschen viel wird mit den Spielen pro Jahr. Mit der Belastung vor allem der besten Spieler, die naturgemäß zumeist in den besten Mannschaften spielen und damit auch zumeist am längsten in den Wettbewerben verbleiben, also fleißig noch mehr Einsätze sammeln.

Wenn das so weitergehe, könnte es eines Tages zu dem Moment kommen, an dem die Spieler streiken, sagt der 28-Jährige vom englischen Dauermeister Manchester City und daher einer der besonders fleißigen Flugmeilen- und Spielminutensammler. Denn die Profis machten sich inzwischen ernsthaft Sorgen um ihre Gesundheit. Und sie müssten auf sich aufpassen, denn immerhin seien sie ja die Hauptdarsteller.

Fußballer sind interessant, nicht Funktionäre

Recht hat er, der Rodri. Auch wenn Funktionäre vielfach in großer Darstellung den Eindruck vermitteln, die Welt des Fußballs drehe sich alleine um sie und nur sie allein hielten das Geschehen auf der Rasen am Laufen – wichtiger sind die Spieler. Denn deren geübten Tritte gegen den Ball wollen die Fans sehen, nicht die theatralische Selbstdarstellung so mancher Egos auf dem gepolsterten Stadionsitz. Müsste ihnen vielleicht mal jemand sagen.

Doch deren Streben nach Geld, Geld, Geld scheint ungebremst. Dabei sollten doch auch sie im Auge behalten, dass die Spieler, mithin ihre Leistung auf dem Rasen überhaupt erst dieses monetäre Perpetuum mobile ermöglichen.

Wer hat denn noch Lust, Scheine für den Stadionbesuch in die Hand zu nehmen, wenn das gekaufte Produkt nicht mehr den Erwartungen entspricht, weil sich die Hauptakteure vor allem gegen Ende einer Saison entkräftet über den Rasen schleppen?

Wer will mit einem Produkt werben, wenn das Dargebotene im schleichenden Niedergang begriffen ist?

Wer soll die Unsummen bezahlten, die bereits jetzt angesichts der ganzen Bezahlsender und kostenpflichtigen Streamingdienste notwendig sind, wenn man hochklassigen Fußball auf allen Ebenen umfassend verfolgen möchte?

Melken, melken, melken

Die Fußballverbände, vor allem die internationalen, sind derzeit auf dem besten Weg, nicht nur ihre Spieler auszulaugen, sondern auch die Fans über die Maßen zu melken, um immer höhere Umsätze zu generieren. So lange, bis keiner mehr mitmachen will oder kann.

Rodri hat einigen Beifall und einige Unterstützung nach seinem Vorstoß bekommen – von anderen Spielern und Trainern auch aus der Bundesliga. Die Verbände täten gut, dies ernst zu nehmen. Doch die Erfahrung lässt befürchten, dass sie genau das nicht tun werden.

Vielleicht hülfe tatsächlich mal so ein kleiner Streik.

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