Sport Der Unbekümmerte

Beim Torjubel schon ein ganz Großer: Phil Hungerecker.
Beim Torjubel schon ein ganz Großer: Phil Hungerecker.

«Mannheim.» „The hottest team in the league“ nennen Nordamerikaner gern die Mannschaft der Stunde. In der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gab es in den vergangenen zwei Wochen sogar zwei Exemplare davon – und beide treffen nun ab morgen in der Play-off-Viertelfinalserie aufeinander. Der ERC Ingolstadt duelliert sich mit den Adlern Mannheim, die wiederum für viele den „heißesten Spieler“ der Punktrunde im Line-up hatten.

Dass Phil Hungerecker dies auf der Rookie-Ebene ist, hat er seit Samstagabend schriftlich. Da ehrte ihn die DEL auf ihrer Gala als Entdeckung der Saison (wir informierten) – eine tolle Auszeichnung für den 23-Jährigen, für die es gestern im Kabinengang der SAP-Arena einen kräftigen Schulterklopfer von Sportdirektor Marcus Kuhl gab. Dies nach 25 Minuten Extraschicht nach Ende des offiziellen Trainings nebst dem Einsammeln der Pucks. Was beweist: Hungerecker sieht sich trotz schnellen Ruhms noch lang nicht in der Rolle eines Stars. Der „Dank an meine Mitspieler“ ist auch nicht als reine Höflichkeitsfloskel des jungen Mannes zu sehen. Schließlich hat Hungerecker dank guter Vorlagen seiner Nebenleute eine Wandlung durchgemacht – nicht nur vom Oberliga- und Zweitligaspieler zum DEL-Profi innerhalb zweier Jahre. „Früher habe ich mehr vorbereitet und war weniger derjenige, der den Torabschluss sucht“, wundert sich der gebürtige Lüneburger über seine Bilanz: Mit 17 Treffern ist er der zweitbeste Torschütze im Team hinter Chad Kolarik (23), hinzu kommen neun Assists. „In der Oberliga oder Zweiten Liga hatte ich nie 17 Tore“, sinniert Hungerecker, der der Quotenkönig der Adler ist: Statistisch gesehen führte jeder vierte Torschuss des unbekümmerten Jungprofis zu einem Treffer. Einfaches Rezept: „Wenn ich die Scheibe habe, versuche ich sie auch aufs Tor zu bringen.“ Gesunder Egoismus eines Topscorers. Als sich Abiturient Hungerecker noch unentdeckt von den Scouts der großen Klubs in Hannover in den Untiefen der Drittklassigkeit tummelte, hatte er erwogen, eine Ausbildung zu beginnen – zum Sport- und Fitnesskaufmann. Doch als ihn dann Trainer Rico Rossi zu Adler-Kooperationspartner Kassel Huskies holte, ging samt einer bemerkenswerten Zweitligasaison alles ganz schnell: Förderlizenz für Mannheim, Verletzungsprobleme bei den Adlern zum Saisonstart – und so hatte sich Hungerecker unter Sean Simpson quasi festgespielt im DEL-Team. Am Samstag gab’s nun den Erstkontakt mit Bundestrainer Marco Sturm, der ihm zur Auszeichnung „Rookie des Jahres“ gratulierte. Jetzt also seine ersten großen Play-offs. Der Durchmarsch von Platz elf auf fünf sei auch dem neuen Trainer Bill Stewart zu verdanken, findet der Flügelstürmer: „Ein harter Hund, aber feiner Kerl. Er hat uns mehr Laufintensität verordnet. Wir setzen den Gegner früher unter Druck.“ Apropos Druck: Hungerecker begegnet ihm in der knappen Freizeit gern mit Kinobesuchen, zusammen mit den Teamkollegen Marcus Kink und David Wolf. Bevorzugtes Genre: alles – „außer Horrorfilmen“, verrät er lachend. Er soll ja unbekümmert bleiben ...

x