Sport-Kolumne Die Saison von Real Madrid wird spannend – und kann in einem Desaster enden

Der Supersuperstar unter den Superstars: Kylian Mbappé.
Der Supersuperstar unter den Superstars: Kylian Mbappé.

Vor 20 Jahren war der Kader von Real Madrid galaktisch gut besetzt – und blieb erfolglos. Ähnlich könnte es im Jahr 2024 werden, trotz beziehungsweise wegen Kylian Mbappé.

Iker Casillas, Roberto Carlos, David Beckham, Zinedine Zidane, Luis Figo, Raul, Ronaldo, Michael Owen – acht Profis, jeder für sich ein Superstar seiner Zeit. In der Saison 2004/2005 standen sie gemeinsam bei Real Madrid unter Vertrag. Die Madrilenen waren zu jener Zeit bereits der größte Klub der Welt, Rekordsieger im Europapokal der Landesmeister und auf dem ganzen Planeten bekannt. Zu Beginn der 2000er Jahre versammelten sich viele der besten Einzelspieler unter dem Namen „Los Galácticos“, die Galaktischen. Real hatte sich unter dem Präsidenten Florentino Pérez, einem schwerreichen Bauunternehmer, von allem Irdischen losgesagt. Diese Mannschaft sollte eine Attraktion darstellen, sozusagen außerirdisch gut sein.

Blamage gegen einen Zweitligisten

Eine Attraktion waren die Madrilenen zweifelsfrei, aber eben nicht außerirdisch gut. In der spanischen Meisterschaft reichte es hinter dem Erzrivalen FC Barcelona nur zum zweiten Platz, in der Champions League scheiterte Real im Achtelfinale an Juventus Turin, und im spanischen Pokalwettbewerb, der Copa del Rey, blamierten sich die Galaktischen im Achtelfinale gegen den Zweitligisten Real Valladolid im Achtelfinale. Real Madrid hat vor 20 Jahren eindrucksvoll untermauert, dass es im Fußball nicht ausreicht, einige der besten Fußballer der Welt zu verpflichten, um von Titelfeier zu Titelfeier tanzen zu können.

Drei Super-Superstars spielen für Real

Der Präsident von Real Madrid im Jahr 2024 heißt immer noch Florentino Pérez, besser gesagt, ist er es seit 2009 wieder. 2006 war er wegen sportlicher Erfolglosigkeit zurückgetreten. In seiner dritten Amtszeit war Real zweifelsfrei die erfolgreichste Klubmannschaft in Europa, allein in der zurückliegenden Dekade gelangen sechs (!) Erfolge in der Champions League. Dennoch kann man sich um die Königlichen sorgen, denn der Klub geht gerade ein hohes Risiko ein, wenngleich das wie ein Denkfehler klingt. Schließlich hat Real Kylian Mbappé an Land gezogen, den begehrtesten Stürmer des Planeten.

Laut der Internetdatenbank „transfermarkt.de“ stehen jetzt drei der derzeit wertvollsten vier Fußballspieler der Welt bei Real Madrid unter Vertrag: Jude Bellingham, Vinicius Junior und Kylian Mbappé. Hinzu kommen mit Aurélien Tchouaméni, Federico Valverde, Eduardo Camavinga und Rodrygo vier Akteure, die jeweils einen Marktwert von 100 Millionen Euro und mehr haben.

Der erste Titel ist gewonnen, aber erwartet wird der Gewinn anderer Trophäen.
Der erste Titel ist gewonnen, aber erwartet wird der Gewinn anderer Trophäen.

Das klingt verdächtig nach „Los Galácticos 2.0“, und das Real im Jahr 2024 könnte ähnlich krachend scheitern wie das Real aus dem Jahr 2004. Unter der Woche gewannen die Königlichen durch einen 2:0-Sieg gegen Atalanta Bergamo den europäischen Supercup, Mbappé schoss in seinem ersten Pflichtspiel für den neuen Klub den zweiten Treffer. Alles prima also? Eher nicht, denn gegen die Italiener deutete sich an, was in den kommenden Wochen und Monaten zum Problem werden könnte. Weniger gefährlich ist die (noch) fehlende Feinjustierung der Superstars im Spiel nach vorne, denn die wird sich angesichts der Fähigkeiten der Ausnahmekönner einstellen. Gefährlich ist das Anspruchsdenken und sind die Eitelkeiten der Egozentriker.

Kroos und Nacho nicht ersetzt

Vinicius Junior blieb gegen Atalanta in ein, zwei Situationen stehen, in denen die Italiener gefährliche Angriffe starteten, Mbappé machte es seinem Teamkollegen nach. Gegen Atalanta hatte die defensive Lustlosigkeit der Stars keine Folgen, aber das könnte im Ligaalltag oder in der Königsklasse anders ein. „Wenn der nicht rennt, muss ich das auch nicht“ – dieses Denken kann ganz galaktisch in die Hose gehen.

Eine große Gefahr besteht zudem darin, dass Real seine ohnehin schon glänzend besetzte Offensivabteilung mit Mbappé und dem brasilianischen Supertalent Endrick aufgehübscht hat, die Abgänge des Mittelfelddenkers Toni Kroos und Innenverteidiger Nacho hingegen personell nicht auffing.

Florentino Pérez hat schon vor 20 Jahren gesagt, dass es selbstverständlich sei, dass die besten Fußballer der Welt für Real spielen. Überhaupt nicht selbstverständlich ist allerdings, dass die Königlichen mit ihnen Titel gewinnen.

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