Die Wochenend-Kolumne Ein Red-Bull-Chef erzählt Unsinn im Streit über Belastung im Profifußball

Leidet unter den vielen Spielen im Verein und der Nationalmannschaft: Harry Kane.
Leidet unter den vielen Spielen im Verein und der Nationalmannschaft: Harry Kane.

Ein Fußball-Boss hat einen Witz gemacht, ohne es zu wollen. Die Debatte wegen zu vieler Spiele für die Topspieler ist ernst, aber es wird sich nichts ändern.

Oliver Mintzlaff hat zuletzt einen Beitrag zur Aufklärung geleistet, indem er versicherte, dass Jürgen Klopp als künftiger Fußballchef im RB-Kosmos keine Ausstiegsklausel für ein Engagement als Bundestrainer besitzt. Ein paar Tage zuvor äußerte sich der ehemalige Boss von RB Leipzig, der inzwischen einer von drei Geschäftsführern der Red Bull GmbH ist, im humoristischen Bereich. Zumindest habe ich es so aufgefasst.

„Das mag jetzt ein großer Vorstoß sein. Vielleicht gibt es ja Länderspiele, über die man diskutieren und die man möglicherweise ersatzlos streichen kann“, sagte Mintzlaff in einem „Kicker“-Interview. In der Diskussion über den aufgeblähten Fußball-Kalender, verbunden mit der Debatte über die (zu) hohe Belastung für die Spitzenkicker war der Beitrag von Mintzlaff ein weiterer, zum Lächeln anregender Hinweis, wie wenig offen und lösungsorientiert sie geführt wird.

Es ist eben nicht so einfach

Vielleicht hat der RB-Mann einfach einen Tick zu viel Limonade aus dem eigenen Haus getrunken, denn die Idee ist abgedreht. Vergleichbar ist sie mit der Situation, dass vier Freunde vor einer Torte stehen, die drei Stücke hat. Anstatt sich zu überlegen, wie man aus den drei Stücken vier gleich große Leckereien machen könnte, hat Mintzlaff eine andere Lösung parat: Wenn der Nebenmann auf sein Stück verzichtet, können die anderen drei die großen Stücke essen. Ist doch eigentlich ganz einfach.

Oliver Mintzlaff möchte die Belastung für Profis reduzieren, indem Länderspiele gestrichen werden.
Oliver Mintzlaff möchte die Belastung für Profis reduzieren, indem Länderspiele gestrichen werden.

Das ist es natürlich nicht, aber der Vorstoß von Mintzlaff untermauert den Fortgang, den es im professionellen Fußball seit vielen Jahrzehnten gibt – und bei dem kein Ende in Sicht ist. Erstmals wurde in Deutschland darüber diskutiert, dass die Belastung für die Spieler zu groß werden könne, als die Bundesliga im Jahr 1965 von 16 auf 18 Klubs aufgestockt wurde. Das war vor neunundfünfzig (!) Jahren. Seither gab es in den Ligen mit der größten Strahlkraft keine Rückstufung, auch nicht bei den Länderspielen und schon gar nicht in den Europapokal-Wettbewerben. Immer mehr Spiele wurden seither in 365 Tage eines Jahres gepresst. Selbst hartgesottenen Liebhabern dieses Spiels, zu denen ich mich zähle, ist es inzwischen zu viel geworden.

Alle wollen mehr Geld, niemand verzichtet

Doch das ändert nichts daran, dass der Kalender von allen Parteien aufgestockt wird. Die Fifa erweitert die Weltmeisterschaft und führt eine Klub-WM ein, die Uefa vergrößert die Europameisterschaft und die internationalen Klub-Wettbewerbe und die Nationalverbände würden gerne noch ein, zwei Länderspiele mehr austragen, um Geld zu verdienen. Die Klubs in den großen Ligen profitieren vom System, weil die Einnahmen aus der TV-Vermarktung steigen. Es ist im Grunde ganz einfach. Das System des Profifußballs braucht immerzu mehr Geld und die Formel für mehr Geld lautet: mehr Spiele. Alle wollen mehr Geld und deshalb verzichtet niemand auf sein Teil vom Kuchen. Leidtragende sind die Spieler, aber es gehört auch zur Wahrheit, dass sie am System beteiligt und austauschbar sind.

Es geht nur um die Toptoptopspieler

Wenn man ehrlich ist, betrifft das Problem nur einen kleinen Teil der Profis, denn ein Spieler des VfL Bochum oder des FC Augsburg kommt mit rund 40 Spielen durch die Saison. Ein Problem ist der Kalender nur für die Akteure der großen Klubs, die zusätzlich für die erfolgreichsten Nationen spielen. Es ist kein Zufall, dass Stars wie Rodri gerade verletzt oder wie Harry Kane chronisch angeschlagen sind. Es ist für sie einfach zu viel geworden. Andererseits sind es gerade die Toptoptop-Spieler, um es wie Pep Guardiola zu sagen, die mit ihren Wahnsinnsgehältern dafür sorgen, dass immer mehr Geld aufgetrieben werden muss. Ich habe nicht den Eindruck, als seien die Berater der Stars bereit, ihre Wünsche zu senken, wenn es dafür weniger Spiele geben würde.

Jetzt wird über einen Streik spekuliert, für den es in der medialen Öffentlichkeit viel Zustimmung gibt. Aber wenn man ehrlich ist, sind und bleiben die Profis das schwächste Glied in der Kette. Selbst die größten Stars sind austauschbar. Wenn einer nicht mehr kann und seine Karriere beenden muss, verdienen Verbände, Vereine und Berater mit anderen Fußballern Geld. Neymar, Messi und Ronaldo waren vor ein paar Jahren die Supersupersuperstars des europäischen Fußballs. Sie sind alle nicht mehr da, aber die Geldvermehrungsmaschinerie des Profibetriebs geht unvermindert weiter.

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