Sport Handball: EM-Tagebuch: Ein ganz anderer Rhythmus

Udo Schöpfer
Udo Schöpfer

Manches Negative hat dann auch seine positiven Seiten. Ich kannte meinen Sitznachbarn im Flieger vom ersten abgesagten Flug. Alle Passagiere saßen beim zweiten Versuch wieder auf den gleichen Plätzen, nun, da es endlich von Krakau nach Wien ging. Jetzt kamen wir ins Gespräch. Als der Nebel zu dicht war, hatte ich nervös in meinem Roman geblättert, und er hatte in aller Seelenruhe das Bordmagazin von vorne bis hinten studiert.

„Hatten Sie eine gute Nacht“, fragte ich den älteren Herrn. „Ja, alles in Ordnung“, beschied er. In Krakau war er mal in den Siebzigerjahren, er hat die Stadt kaum wiedererkannt. Der Mann stammt aus Neuseeland, er war halb touristisch, halb geschäftlich unterwegs und flog von Wien dann weiter nach Graz. Seit einiger Zeit lebt er in den USA, er hat norwegische Vorfahren, und er hat auch ein halbes Jahr in Niedersachsen die Schule besucht – mit ein paar Worten Deutsch belegte er diese Episode. Was für ein bewegtes Leben. „Meine Frau kam nur mit dem Wetter in Montréal nicht zurecht, die Kälte war zu arg für sie“, berichtete er. In Neuseeland ist die Sportart Nummer 1 Basketball, ich hatte das nicht erwartet, vor Rugby und Kricket, berichtete er. Weil der Flug von Krakau nach Wien nur eine knappe Stunde dauert, konnten wir unser Gespräch nicht vertiefen.

Umsteigen am Stephansdom

Mein Hotel in Wien liegt direkt an der U-Bahn-Station Taubstummengasse, von da ist es gar nicht so weit in die Stadthalle und in den Süden Wiens, wo die deutschen Handballer logieren. Ziemlich lange habe ich diesmal gesucht. Es ist sehr ruhig im Hotel, einen Moment dachte ich, ich sei der einzige Gast. Aber beim Frühstück am Morgen waren dann doch einige Touristen. Auf dem Weg zu meinen Verpflichtungen steige ich stets am Stephansdom um. Jetzt verbringe ich plötzlich viel Zeit in zugigen U-Bahn-Schächten, achte noch geflissentlich darauf, dass ich die Endhaltestellen der U1 Leopoldau und Oberlaa sowie der U3 Simmering und Ottakring nicht durcheinander bringe. Das wird schon. Wochenkarten gibt es nur von Montag bis zum nächsten Montag, das fand ich gleich zu Beginn überraschend. Als wenn alle Touristen immer zu Wochenbeginn anreisen würden …

In Trondheim war’s gemütlicher

Wien – was für ein Unterschied zu Trondheim. Also was die Dunkelheit betrifft, ist dieser noch nicht einmal so groß. Auch hier wird es am frühen Nachmittag schon bald dunkel, es ist nasskalt. Aber: Die Leute hier sind viel gehetzter, der Pulsschlag der Stadt ist ein anderer, in Trondheim war es soooo viel gemütlicher. Alles ist hier drei Nummern größer. Auf der Kärntnerstraße, der Einkaufsader, geht es am Nachmittag sehr hektisch zu.

Auch das Interesse der Journalisten an dieser Handball-Europameisterschaft ist noch einmal deutlich gestiegen. Ich würde schätzen, dass doppelt so viele Reporter jetzt in Wien sind wie noch in der ersten Woche in Trondheim. Die Quereinsteiger haben etwas verpasst!

x