Kommentar Im sehr schönen Prag interessiert sich niemand für zwei deutsche Eishockey-Teams

Sehr schönes Prag, auch ohne Eishockey.
Sehr schönes Prag, auch ohne Eishockey.

Das Eishockeyspiel zwischen Wolfsburg und München, das im Dezember in Prag stattfinden sollte, ist abgesagt worden. Weil sich keine Eintrittskarten dafür verkaufen ließen. Eine Überraschung?

Hier in der Pfalz dürfte sich die Lust auf den Besuch eines Eishockeyspiels zwischen den Grizzlys Wolfsburg und dem EHC Red Bull München in engen Grenzen halten. Völlig normal, Eishockey in Deutschland ist – wie Handball oder Basketball auch – eine extrem standortbezogene Sportart.

Soll heißen: Da, wo die Teams zu Hause sind, klappt’s in der Regel ganz gut bis hervorragend – in Köln strömen im Schnitt 17.000 Menschen in die Lanxess Arena, in Mannheim sind es in dieser Saison rund 11.500 in der SAP-Arena. Abseits dieser Eishockey-Hochburgen ist das Interesse absolut überschaubar, und das ist ja auch gar nicht schlimm. Wie aber jemand auf die Idee kommen konnte, im fernen und sehr schönen Prag würden Menschen eben nach Eintrittskarten auch für besagtes Spiel lechzen, das erschließt sich nun wirklich nicht.

Prag lockte mit 16.000 Freiluftplätzen

Sie glauben nicht, dass jemand das allen Ernstes tat? Doch, vom 5. bis 8. Dezember waren in der Goldenen Stadt die Winter Hockey Games in einer eigens dafür errichteten 16.000 Fans fassenden Freiluftarena auf dem Hügel Letná geplant. Vier Tage, mehrere Teams, ganz viel Eishockey, am zweiten Tag eben auch mit der Partie Wolfsburg - München. Nun wurde die Premiere dieses Gastspiels, die erste DEL-Begegnung außerhalb Deutschlands, abgesagt.

Überraschend daran ist aber eigentlich nur, dass sich zum Beispiel die Wolfsburger „völlig überrascht“ zeigten. Denn im Ticketvorverkauf fand neben einem Legendenspiel mit natürlich viel tschechischer Beteiligung nur die Begegnung HC Sparta Prag - HC Kometa Brünn den erhofften Zuspruch. Wirklich überraschend? Kaum.

„Das Jahr 2024 war im wahrsten Sinne des Wortes voller großer Sportereignisse, was sich in Kombination mit der wirtschaftlichen Erschöpfung des Unternehmens und einer spät gestarteten Marketingkampagne im Ticketverkauf niederschlug“, wurde Andrea Barsony, Geschäftsführer von Organisator Eniva, in einer Pressemitteilung zitiert.

Touristen reißen’s nicht raus

Also, Klartext: Für ein Eishockeyspiel eines Teams aus Deutschland, das derzeit in seiner eigenen, zugegeben sehr kleinen Halle auf einen Schnitt von gerade mal 3214 Zuschauer kommt, hat sich im sehr schönen Prag schlichtweg niemand interessiert. Und München, fraglos eine Mannschaft von europäischer Klasse, hat’s da auch nicht rausreißen können. Die ebenfalls zu wenigen Prag-Touristen aus beiden Standorten, die einen winterlichen Städtetrip mit Eishockey verbinden wollten, müssen nun mit dem Wolfsburger Allerpark vorliebnehmen. Dorthin wurde die Partie nun zurückverlegt.

Das traurige Schlusswort obliegt DEL-Chef Gernot Tripcke: „Wir bedauern diese Entscheidung der Organisatoren, weil sich die gesamte Liga sehr auf dieses tolle Event in Prag gefreut hatte.“ Gewiss, in Köln und Mannheim hatten viele schon schlaflose Nächte, von den schweißnassen Händen ganz zu schweigen.

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