Sport Schluss mit lustig

Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes hat in der regulären NFL-Saison 50 Touchdown-Pässe geworfen. In seinem zweiten Jahr gelang ih
Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes hat in der regulären NFL-Saison 50 Touchdown-Pässe geworfen. In seinem zweiten Jahr gelang ihm der Durchbruch. Ob es für die Super-Bowl-Krone reicht, wird sich zeigen. Was ihm fehlt, ist Erfahrung. Die haben Patriots-Superstar Tom Brady und Trainer Bill Belichick zur Genüge. Und dann ist da noch die Geschichte um Nick Foles, der als Edelreservist der Philadelphia Eagles erneut die Kohlen aus dem Feuer holen soll.

17 Wochen der regulären Saison in der National Football League sind vorbei.

Letztlich ist das alles Vorgeplänkel. In den Play-offs entscheidet ein Spiel. Das Ziel:

Super Bowl LIII in Atlanta. Doch der Weg dorthin ist hart. Eine Übersicht von Sven Wenzel

Dieses Spiel wird noch eine Weile in Erinnerung bleiben. Mitte November empfangen die Los Angeles Rams die Kansas City Chiefs zum Monday Night Game, gewissermaßen dem Höhepunkt eines Spieltags im American Football. Am Ende eines wilden Spiels steht es 54:51. Es ist ein Spektakel – und es ist nicht das einzige in der aktuellen Saison der National Football League (NFL). Eine Auswahl: Tampa Bay Buccaneers gegen New Orleans Saints 48:40, Rams gegen Saints 35:45, Kansas City Chiefs gegen Pittsburgh Steelers 42:37, Chiefs gegen New England Patriots 40:43. Spiele mit vielen Punkten, in denen die Quarterbacks viele Touchdowns produzieren und die Passempfänger schier unmögliche Bälle fangen, genau solche Spiele wollen die Zuschauer sehen. Davon ist die NFL überzeugt – und verkündet zum Beginn der Play-offs an diesem Wochenende voller Stolz: Die aktuelle Saison geht als eine der am offensiv geprägtesten in die Liga-Geschichte ein. Der deutlichste Beleg für diese Aussage ist eine Zahl – 1371. So viele Touchdowns gab es in der regulären Saison insgesamt, ein neuer Rekord in der NFL. In der Summe erzielten die Mannschaften 11.952 Punkte, nur 2013 waren es mehr (11.985). Und mit den Kansas City Chiefs (35,3), den Los Angeles Rams (32,9) und den New Orleans Saints (31,5) haben es gleich drei Teams geschafft, im Schnitt mehr als 30 Punkte pro Spiel zu erzielen. Das gab es bislang erst dreimal in der NFL-Geschichte – 1948, 1949 und 2011. Vor dem Beginn der laufenden Saison hat die NFL eine Regel geändert, oder besser: verschärft. Die Quarterbacks dürfen von den Verteidigern nicht mehr so hart angegangen werden, die Schiedsrichter werten vieles als Foul, was bislang durchging. Vordergründig sollen die Spielgestalter so besser geschützt werden. Die neue Regel-Auslegung löste bei Spielern und Fans Stirnrunzeln aus. Viele fürchteten, der Football könnte zum kontaktlosen Sport verkommen. Die NFL beriet erneut über die Regel, änderte aber wenig. Denn klar ist: Geschützte Quarterbacks passen gerne – und das ermöglicht eine solche Touchdown- und Punkteflut. 847 Touchdown-Pässe gab es, auch das ist Rekord. Und trotzdem, gerade in den Play-offs, wo jedes Spiel entscheidend ist, steht auf der anderen Seite die alte Sport-Weisheit: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive aber Meisterschaften. Nun sieht es so aus, als müsste Foles erneut die Saison der Eagles retten. Eigentlich hatte er sich mit seiner Rolle auf der Bank abgefunden, doch dann musste er wieder für den verletzten Wentz einspringen. In den letzten Saisonpartien führte er seine Mannschaft nach einer ziemlich durchwachsenen Spielzeit zu Siegen gegen die Spitzenmannschaften der L.A. Rams und Houston Texans. Am vergangenen Wochenende machten die Eagles doch noch die Play-off-Teilnahme klar. Zwar verletzte Foles sich an den Rippen, inzwischen ist er aber wieder fit. In Philadelphia ist längst vom „heiligen“ Nick die Rede. In der Wildcard-Runde spielen die Egales heute gegen die Chicago Bears. Ein schwerer Brocken, die Bears wissen mit einer überragenden Defensive um Superstar Khalil Mack zu überzeugen. Und Foles ist eine wahre Wundertüte. Sein Spiel kann brillant sein – aber auch grottenschlecht. Das hat er zu Beginn der Saison bewiesen, als er den noch nicht wieder komplett genesenen Wentz ersetzte. Aber ausgeschlossen ist im Football nichts. Super Bowl LIII, Sonntag, 3. Februar in Atlanta: Wiederholt sich die Geschichte? 5097 erworfene Yards stehen für ihn zu Buche, eine Passquote von 66 Prozent, 50 Touchdown-Pässe. Der 23-Jährige bewegt sich gut und kommt mit dem Druck der gegnerischen Verteidigung klar. Kurzum: In seinem zweiten Jahr in der NFL ist Mahomes der Shooting-Star. Als eines der besten Teams hat Kansas an diesem Wochenende spielfrei und steigt erst in der zweiten Runde in die K. o.-Spiele ein. Und dennoch ist es eine andere Entscheidung der Chiefs, die diese Saison prägt – und im Geschäft der NFL zumindest bemerkenswert daherkommt. Ende November entlässt der Klub mit Kareem Hunt einen Leistungsträger fristlos. Grund ist ein Video von dem Ballträger, das im Februar aufgetaucht ist. Darauf ist zu sehen, wie Hunt eine Frau schlägt und tritt. „Wir nehmen diese Dinge sehr ernst. Wir tolerieren Gewalt gegenüber Frauen in keiner Weise und wir haben als Liga, glaube ich, schnell reagiert“, sagte NFL-Chef Roger Goodell und lobte die Entscheidung der Chiefs. Und der deutsche Ex-Profi und Super-Bowl-Champion Sebastian Vollmer unterstrich: „Ich finde es gut, dass sie sagen: Moral über Talent.“ Doch auch die alte Garde wusste in der bisherigen Saison zu überzeugen. Vor allem Brees orchestriert seine Offensive souverän und bildet mit Chef-Trainer Sean Payton ein bestens eingespieltes Duo. Mit den Angreifern Michael Thomas und Alvin Kamara verfügt er über herausragende Anspielstationen. Anfang Oktober knackte Brees den Passrekord der NFL, inzwischen steht er in der Hauptrunde bei 74.437 Yards. Auch Tom Brady hat eine weitere Bestmarke aufgestellt. Kein Quarterback hat so viele Touchdown-Pässe geworfen wie er. Gegen Miami erzielte er Ende November Nummer 580, reguläre Saison und Play-offs zusammengenommen. Dennoch wackelte der fünffache Super-Bowl-Gewinner auch mehrmals und zeigte ungewohnte Schwächen. Sein großes Plus aber ist seine enorme Erfahrung. Und noch etwas zeichnet seine Patriots aus: Von den 16 Spielen hat New England acht zu Hause im Gillette Stadium bestritten. Achtmal blieben sie daheim ungeschlagen – als einziges Team der Liga. Für die Play-offs haben sich die Patriots das ständige Heimrecht erspielt. Ob sie im winterlichen Boston überhaupt zu schlagen sind, das ist eine der Fragen auf dem harten Weg zum Super Bowl LIII.

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