Fussball Wieso die WM-Pause für Eintracht Frankfurt ungelegen kommt

Dänischer Dribbler und ein französischer Mittelstürmer mit viel Wucht: Jesper Lindström und Randal Kolo Muani.
Dänischer Dribbler und ein französischer Mittelstürmer mit viel Wucht: Jesper Lindström und Randal Kolo Muani.

Die WM-Pause kommt für Eintracht Frankfurt zur Unzeit. Nach dem FC Bayern zeigt die einst launische Diva das größte Spektakel.

Stolz, Freude und Begeisterung teilt Günter Häckl gerne. Jedenfalls immer, wenn es mit seinem Lieblingsverein Eintracht Frankfurt zu tun hat. Seit er am 22. November 1970 das erste Mal im Waldstadion war – die Eintracht schlug an jenem Tag den FC Bayern mit 6:0 – gehört sein Herz diesem Klub. Er besitzt seit mehr als zehn Jahre eine Dauerkarte und macht fast alle Auswärtsreisen im Europapokal mit. Auch in der Zweitliga-Saison 2011/2012, darauf legt der 58-Jährige aus Oberursel größten Wert, schaute er sich jedes Spiel an.

An dauerhafte Hochgefühle wie in den vergangenen Wochen kann er sich aber kaum erinnern. „Wow, großes Kino. Ich sag’ nur Spitzenmannschaft“, postete Häckl nach dem Heimsieg gegen die TSG Hoffenheim (4:2) in seinen Status und fügte schwarz-weiß-rote Herzen hinzu. Eine treffende Beschreibung des Ist-Zustandes mit sieben Siege in den letzten acht Pflichtspielen. Launische Diva war gestern, die Eintracht surft auf einer Erfolgs- und Sympathiewelle – und bietet nach dem FC Bayern das größte Spektakel an.

Wieder in die Königsklasse!

Die Entwicklung fällt nicht vom Himmel: Pokalfinale 2017, Pokalsieg 2018, Europa-League-Halbfinale 2019, Pokalhalbfinale 2020, Platz fünf 2021, Europa-League-Triumph 2022. Nach dem Vorstoß ins Champions-League-Achtelfinalisten ist die Eintracht nun auch auf Platz vier der Bundesliga geklettert. Die erneute Champions-League-Qualifikation haben die Bosse mehr oder minder offen als Ziel ausgegeben. Im Nachbarschaftsduell beim FSV Mainz (Sonntag, 15.30 Uhr) soll der letzte Sieg des rauschhaften Jahres 2022 folgen, aber wer zweifelt nach der jüngsten Gala daran? Wie ein Herbststurm fegten die Hessen über die Gäste aus dem Kraichgau hinweg. 3:0 stand es nach nicht einmal einer halben Stunde.

Da war niemand, der Randal Kolo Muani, Jesper Lindström, Mario Götze und Daichi Kamada im Zusammenspiel halten konnte. Die Wucht des französischen Mittelstürmers, das Tempo des dänischen Dribblers, die Finesse des deutschen Weltmeisters und der Esprit des japanischen Edeltechnikers. Wohl nur ein Weltmeistercoach wie Didier Deschamps kann es sich leisten, einen universell begabten Angreifer wie Muani nicht mit nach Katar zu nehmen. Der Eintracht ist der Verzicht nicht völlig Unrecht, sonst würde die Jagd der Großklubs auf den 23-jährigen Shootingstar wohl schon im Winter beginnen.

Spiegelbild der Mainmetropole

Doch die Eintracht braucht ihre Besten. Das Los SSC Neapel in der Königsklasse ist zwar schwer, aber nicht völlig unlösbar. Im DFB-Pokal wartet das Derby mit dem SV Darmstadt 98. Dazu Vollgas in der Liga. „Wir haben alle Ziele erreicht, die wir uns gesteckt haben, und haben noch Potenzial – wir sind auf einem guten Weg“, sagt Sportvorstand Markus Krösche. Das Einzige, was wirklich stört, ist die WM-Unterbrechung. Für den Europa-League-Sieger kommt sie zur Unzeit.

Wie im Vorjahr hat Trainer Oliver Glasner auch in dieser Saison ein bisschen Anlaufzeit gebraucht – aber jetzt läuft es. Der Österreicher passt mit seiner Vorliebe für einen torreichen Sturm-und-Drang-Stil. „Ich bin begeistert von unserem Offensivspiel“, sagt er. Und: Glasner ist beliebt. Trotz dicht gedrängten Terminplans geht er auf Wochenmärkte, besucht Bars und Restaurants. Er redet viel mit den Leuten – und spürt hautnah, was die Eintracht den Menschen bedeutet. Sein multikulturelles Ensemble ist ein Spiegelbild der Mainmetropole. Kein Wunder, dass auch der Verein rasant wächst. Bei mehr als 110.000 Mitgliedern steht die Eintracht aktuell. Günter Häckl ist natürlich einer davon.

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