Sport WM-Tagebuch: Was für ein Duft

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RHEINPFALZ-Redakteur Udo Schöpfer.

Die etwas andere Bäckerei in Moabit

Ich machte zum ersten Mal Bekanntschaft mit der Bäckerei im Stadtteil Alt-Moabit, als ich eines Tages in aller Herrgottsfrühe zum Brötchen holen geschickt wurde. Ich wollte noch kurz eine Grundsatzdiskussion anzetteln, warum ich nicht den anderen Bäcker aufsuchen konnte, zu dem ich bisher immer ging, aber es war im Nachhinein gut, dass ich es nicht tat. Als ich die Bäckerei Domberger in der Essener Straße, Ecke Bochumer Straße, betrat, hatte sich jeder Zwischenruf erübrigt. Was für ein Duft.

Nur Sauerteig

Bei Dombergers Brot-Werk steht man nach dem Betreten des Geschäfts direkt in der Backstube. Vor dem Kunden wird der Teig gerollt. Man ist so in der Lage, die Arbeit der Bäcker in der kleinen Warteschlange zu verfolgen. An den Wänden stehen Tische und Stühle, frühstücken oder einen Kaffee zu trinken, ist dort auch möglich. „Seit dem 18. Oktober 2016“, kommt die rasche Antwort von Besitzer und Firmengründer Florian Domberger, 52 Jahre alt. Vor etwas mehr als zwei Jahren hat er die Familien-Bäckerei mit seiner Frau Vanessa und den beiden Töchtern eröffnet. „Ich habe mich immer um das Brot gesorgt“, betonte er. Er hat ein überschaubares Sortiment, gebacken wird ohne Hefe und nur mit Sauerteig. Sein Produkt unterliegt der Tagesform, gibt er frank und frei zu. „Wir haben Ausschläge nach oben und nach unten. Unsere Aufgabe muss es sein, jeden Tag etwas Besonderes herzustellen und die Qualität zu halten“, sagte er. Er wurde spät Bäcker. Domberger ist ein Quereinsteiger. Er ist gebürtiger Augsburger, er war achtzehneinhalb Jahre im Ausland, er war in Hongkong, Indonesien, Australien und schließlich in der Schweiz. Seine Frau stammt aus Malaysia, er hat sie im Flugzeug kennen gelernt. „Sie saß neben mir“, berichtete er schmunzelnd. Während wir plaudern, begrüßt er Kunden galant, indem er eine Verbeugung andeutet und die Mütze zieht. Ein früherer Mitarbeiter kommt. „Wie läuft dein Laden?“, fragt er. Der junge Mann hat ein Restaurant eröffnet, schaut nicht so begeistert drein. „Nerven bewahren“, rät Florian Domberger und verspricht, mal in dem neuen Restaurant vorbeizuschauen. Auch wenn es recht weit entfernt ist.

Gelernter Spediteur

Und warum ging er nach Berlin? „Berlin ist eine super Stadt, wegen meiner Frau wollten wir auch den internationalen Touch“, erklärte er. Florian Domberger ist gelernter Spediteur, bei der Bundeswehr war er in der Logistik tätig, und auch deshalb ist er in der Bäckerei in seinem Element. Es macht ihm Spaß, das Geschäft zu führen, Material einzukaufen, das Personal einzuteilen. Acht Angestellte in Vollzeit und sieben in Teilzeit hat er, die Expansion wird vorbereitet. „Wir hatten hier im Kiez gleich ein sehr gutes Feedback“, verriet er. Das – neudeutsch – Start-Up-Unternehmen war also ein großer Erfolg, aber es hat auch Kraft gekostet: Am Anfang haben seine Frau und er je 70 Stunden in der Woche gearbeitet …

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