Rheinpfalz Angeklagter: „Keine Erinnerung an tödlichen Unfall“ bei Kirchheimbolanden

Jede ärztliche Hilfe kam zu spät: Bei einem Zusammenstoß starben im Januar vergangenen Jahres bei Kirchheimbolanden zwei Mensche
Jede ärztliche Hilfe kam zu spät: Bei einem Zusammenstoß starben im Januar vergangenen Jahres bei Kirchheimbolanden zwei Menschen. Der Fall beschäftigt jetzt erneut ein Gericht. Symbolfoto: Adrian Hartschuh

Wie hat es dazu kommen können, dass im Januar 2018 auf der Landesstraße 401 bei Kirchheimbolanden zwei Menschen ihr Leben lassen mussten? Aufs Neue befasst sich ein Gericht mit dem tragischen Geschehen, bei dem ein Ehepaar in einem Autowrack starb. Vor dem Landgericht in Kaiserslautern hat am Dienstag die Berufungsverhandlung gegen den damals 18 Jahre alten Unfallverursacher begonnen.

Wieder dreht sich alles um die Tragweite des Verschuldens, das dem heute 20 Jahre alten Mann anzulasten ist. Das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Rockenhausen hat die Frage am 14. September beantwortet: Mit dem Schuldspruch verbunden war ein Strafmaß, das für den damals 19-Jährigen zwangsläufig einen Gefängnisaufenthalt bedeutet hätte. Zweieinhalb Jahre Jugendstrafe – dies hatten aber weder der Verurteilte noch die Staatsanwaltschaft akzeptiert. Die Strafverfolger hatten Berufung eingelegt, der Verteidiger hingegen Revision, wie er selbst am Rande des Prozessauftakts wissen ließ.

Tatbestände weiter unstrittig

Der Unterschied: In der Berufung wird die Beweisaufnahme noch mal aufgerollt. Es kommt zu einer neuen Hauptverhandlung, in der auch die Zeugen noch einmal zu Wort kommen. Beim Rechtsmittel der Revision wird nur das Urteil geprüft, sozusagen im stillen Kämmerlein auf mögliche Rechtsfehler abgeklopft. Der Verteidiger ließ im Gespräch abseits der Verhandlung keinerlei Zweifel daran: Er hält von der Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters beim Rockenhausener Jugendschöffengericht herzlich wenig bis nichts. Es sei nicht schlüssig dargelegt, warum der Verurteilte für seine Vergehen ins Gefängnis solle.

Die Jugendfreiheitsstrafe war wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen, Körperverletzung und Straßenverkehrsgefährdung verhängt worden. Die Straftatbestände, die dem Mann angelastet wurden, sind auch in der neuerlichen Hauptverhandlung im Grunde unstrittig. Auch am Dienstag behauptete der Mann, er leide unter Amnesie, könne sich an gar nichts mehr erinnern. Unstrittig ist: Der damals 18-Jährige hat sich hinters Steuer eines extrem leistungsstarken Porsche Cayenne gesetzt und damit verbotswidrig überholt. Er hat, wie am Dienstag auch Zeugen erneut schilderten, den Wagen trotz doppelt durchgezogener Linie auf die Gegenfahrbahn gelenkt, um in der abschüssigen Linkskurve bei Morschheim eine Fahrzeugkolonne zu überholen.

Helfern setzt Geschehen schwer zu

Beim folgenden Frontalzusammenstoß hatten ein 74-jähriger Mann und seine ein Jahr jüngere Ehefrau tödliche Verletzungen erlitten. Das Paar starb im Wrack eines neuen, von einem Autohaus zur Probefahrt zur Verfügung gestellten BMW – nach Eintreffen der Rettungskräfte, denen das Geschehen teils bis heute zusetzt. Hingegen scheint der Beifahrer des Angeklagten das Erlebte gut überwunden zu haben: Er bekundete, er habe kurz danach seinen Führerschein gemacht und fahre jetzt einen „Astra Turbo mit 180 PS“.

Wesentlich mehr Pferdestärken unter der Haube hatte hingegen der Cayenne, mit dem der Fahranfänger den Unfall verursacht hat. Schon in Rockenhausen hätte das Gericht nur zu gerne die Halterin zu ihren Beweggründen gefragt, die edle Karosse einem wenig fahrerfahrenen Bekannten anzuvertrauen. Doch damals hatte die Zeugin ein ärztliches Attest vorlegen lassen, das ihr eine Verhandlungsunfähigkeit bescheinigte. Kurz vor der Berufungsverhandlung ist die Unternehmerin aus Alzey nun wieder krank geworden, wie der Vorsitzende der Berufungskammer mitteilte.

Das Verfahren wird am Freitag, 9 Uhr, fortgesetzt.

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