Rheinpfalz Angst vor der Bruchlandung

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Ludwigshafen/Berlin. Die Ansage ist deutlich: „Herr Verkehrsminister, Hände weg von meinem Hobby!“ So ist eine Online-Petition überschrieben, die insgesamt über 122.000 Menschen in Deutschland unterzeichnet haben, 6300 davon aus Rheinland-Pfalz. Eine beachtliche Anzahl, auch in Zeiten regelmäßiger Empörungswellen im Internet. Die Unterstützer eint der Widerstand gegen eine geplante Verordnung des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) und die Sorge um das gemeinsame Hobby – den Modellflug. Warum aber sehen sich Freizeitsportler auch in der Pfalz offenbar von Plänen des Bundesministers Alexander Dobrindt (CSU) bedroht? Im Kern geht es um einen einzigen Punkt in der geplanten „Verordnung zur Regelung des Betriebs von unbemannten Fluggeräten“. Das Papier soll morgen im Bundesrat entschieden werden. Eigentlich will der Minister damit dem rasch wachsenden Markt privater Drohnen gerecht werden. Er sieht in den oft von Laien gesteuerten Fluggeräten ein Sicherheitsrisiko (Zur Sache). Deshalb schlägt er in seinem Entwurf unter anderen ein künftiges Verbot von Flughöhen über 100 Meter vor. Das kommt bei manchen Modellfliegern nicht gut an. Sie könnte die Verordnung betreffen, weil unbemannte Fluggeräte in Deutschland nach dem Grund ihres Einsatzes klassifiziert werden: kommerziell oder zu Freizeitzwecken. Mit der Höhenbeschränkung „wäre der klassische Modellflug in einer Massivität bedroht, die existenzgefährdend ist“, heißt es auf der Seite „Pro Modellflug“ dazu unmissverständlich. Viele Modelle könnten unterhalb von 100 Metern nicht geflogen werden. Das betrifft beispielsweise Segelflieger, die für einen sicheren Betrieb auf deutlich mehr Höhe geschleppt werden müssen. Ganz andere Töne hört man dagegen beim BMVI. Der Modellsport sei nicht gefährdet, betont Minister Dobrindt. Die neuen Regelungen würden nicht auf Modellflugplätzen gelten, man habe etliche Ausnahmen für die Freizeitsportler eingebaut. Also alles doch nur heiße Luft und die ganze Aufregung umsonst? Zumindest beim Deutschen Modellflieger Verband sieht man das naturgemäß anders – hier zeichnet man sich für den Internetauftritt „Pro Modellflug“ und die zugehörigen Petition verantwortlich. Nach eigenen Angaben vertritt man bundesweit etwa 90.000 Mitglieder, 5000 davon in Rheinland-Pfalz. „Das Problem ist, dass die von Minister Dobrindt angeführte Ausnahmeregelung nur auf einem Teil der Modellflugplätze gelten würde“, sagt Sprecher Jan Schönberg: „Nämlich auf solchen, die über eine so genannte Aufstiegserlaubnis verfügen.“ Aber rund ein Drittel aller DMFV-Vereine im Bundesgebiet hätten diese laut Schönberg nicht – bislang könne man dort ganz legal auch ohne Genehmigung über 100 Meter fliegen. Hinzu kämen private Sportler, die ohne Vereinsbindung ihrem Hobby nachgingen – in Rheinland-Pfalz nach Angaben des Verbandes immerhin etwa 2000 seiner Mitglieder. Diese Vereine und Privatflieger müssten nun bei den zuständigen Landesbehörden eine separate Aufstiegserlaubnis beantragen. Nur: „Das konkrete Verfahren für einzelne Piloten ist noch unklar. Und für die Zertifizierung von Vereinsflugplätzen werden in den meisten Fällen spezielle Gutachten verlangt, die das Verfahren auf bis zu zwei Jahre verlängern und Kosten im fünfstelligen Bereich verursachen können“, sagt der Sprecher. Der Verband befürchtet, dass Sportler im Bürokratiedickicht hängen bleiben. Oder, dass Vereine durch neue Anforderungen keine Erlaubnis mehr für ihre Plätze bekämen. Was sagt die Basis? Stichprobe beim Modellflugverein Gommersheim (Landkreis Südliche Weinstraße): „Für uns ist das Flugverbot über 100 Meter kein Thema“, sagt der 1. Vorsitzende Werner Burkhart. „Wir haben die erforderliche Aufstiegserlaubnis bereits, genau wie alle anderen Vereine in der Region, die mir bekannt sind.“ Das bestätigt Norbert Scholz von der Modellfluggruppe Ruppertsberg (Landkreis Bad Dürkheim): „Die einzige Neuerung für uns ist eine Kennzeichnungsplakette an den Flugzeugen.“ Überhaupt sei man in Ruppertsberg, wie auch in Gommersheim und vielen anderen Vereinen der Pfalz Mitglied beim Konkurrenzverband Deutscher Aero Club (DAEC). Dessen Vizepräsident Gunter Schmidt ist vor der entscheidenden Sitzung des Bundesrats durchaus angespannt. Eigentlich habe man bereits im vergangenen Jahr einen Kompromiss mit dem BMVI ausgehandelt, in dem die Interessen der eigenen Mitglieder berücksichtigt worden waren. Der wurde aber im Januar vorerst gekippt. Nun hat der Verkehrsausschuss des Bundesrats erneut Änderungen im Sinne des Verbands vorgeschlagen: Es soll schlicht ein Kenntnisnachweis nötig sein, wenn die Piloten außerhalb der Flugplätze über 100 Meter fliegen wollen. Die wäre dann ganz unbürokratisch über die Vereine erhältlich. „Damit können wir leben“, heißt es bei beiden Interessensverbänden einstimmig. „Wenn diese Änderungen so kommen, bin ich hinsichtlich der Zukunft unseres Sports entspannt“, sagt Schmidt. „Andernfalls sehe ich die 100-Meter-Grenze in der aktuellen Form als ernste Gefahr.“ Eine gewisse Nervosität ist in den Reihen der Modellflieger zu spüren. Vereinzelt ist der Vorwurf zu hören, „populistische Aktivitäten“ ihrer Interessensvertreter hätten die politische Aufmerksamkeit überhaupt erst auf das Thema gelenkt, und so den bestehenden Kompromiss torpediert – obwohl der bereits in trockenen Tüchern gewesen war. „Die 100 Meter-Grenze war darin bereits vom Tisch“, heißt es. Erst als das Verteidigungsministerium davon Wind bekommen habe, sei das Limit der Luftsicherheit wegen gefordert worden, wollen einige vernommen haben. Im Ministerium bestreitet man diese Schilderungen auf Anfrage vehement. Auch Vertreter beider Verbände verweisen dazu vielmehr auf eine erfolgreiche und zielführende Lobbyarbeit. Zumindest wenn die Grenze morgen aus dem Entwurf fiele, sollten die Piloten solche Details kaum noch interessieren. Einwurf

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