Kultur Südpfalz Antworten auf lange ungestellte Fragen

Friedrich Edelmann (links), Rebecca Rust und Scott Faigen bei einem Konzert im Herbst im Haus Catoir in Bad Dürkheim.
Friedrich Edelmann (links), Rebecca Rust und Scott Faigen bei einem Konzert im Herbst im Haus Catoir in Bad Dürkheim.

Das in Rhodt lebende Musikerpaar Rebecca Rust und Friedrich Edelmann ist zurzeit an einem außergewöhnlichen Projekt beteiligt, ja hat es wesentlich mitgefördert, bei dem ein zeitgeschichtlich sehr relevanter Roman eines amerikanischen Autorenpaares nun auch in Deutschland bekannt gemacht werden soll. Die Cellistin, die neben dem Studium bei berühmten Musikern auch Meisterklassen bei Mstislav Rostropovich belegt hatte, und der frühere Solofagottist der Münchner Philharmoniker, umrahmen musikalisch Lesungen aus dem jüngst auch in deutscher Sprache erschienenen Buch „Der Stolperstein“ von Julie Freestone und Rudi Raab. Gestern waren die Vier damit im NS-Dokumentationszentrum in München, am 15. Mai kommen sie in der Frank-Loebsche Haus nach Landau. Mit der Kunstaktion der auch in Landau verlegten Stolpersteine des Kölner Künstlers Günter Demnig hat das Buch nicht direkt etwas zu tun. Aber es ist auch eine Erinnerung an die und Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und der Schoah. „Der Stolperstein“ ist ein Roman mit veränderten Namen, aber zum größten Teil ist es die Geschichte der beiden Autoren und ihrer Familien. Freestone und Raab sind nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zur Welt gekommen. Er wurde acht Tage nach dem 8. Mai 1945 in eine Kieler Vorzeige-Nazi-Familie hineingeboren. Als „Zuchtkind“, wie Raab sagt. „Und als einer der ersten Demokraten im neuen Deutschland.“ Sie, der jüdische Teil des Paares, ist als Kind jüdischer Emigranten mitten in der New Yorker Bronx aufgewachsen. Ihr Vater habe von der US-Regierung den Auftrag erhalten, die Auswanderung deutscher Überlebender der Konzentrationslager zu leiten. 1989 sind sich Freestone, die jüdische Journalistin, und Raab, der deutsche Polizist, in Kalifornien begegnet. Seitdem leben sie zusammen. Sie haben das Schweigen gebrochen, das Kinder von Juden und Nazis vielfach bis heute belastet. Er habe von Judenverfolgung und Konzentrationslagern erst im Gymnasium erfahren, so Raab. „Es war eine ziemlich schwere Bürde, Gesamtschuld zu empfinden, keine Fragen stellen und gleichzeitig dem Nazi-Vater gehorchen zu müssen“, beschreibt er den Konflikt seiner Generation. Aus den ungestellten Fragen ist der Roman entstanden. Einerseits eine Aufarbeitung, andererseits ein Denkmal für Raabs Onkel Gerhard, den die Nationalsozialisten im KZ Buchenwald ermordet haben. Er habe sich den Nazis standhaft widersetzt, erzählt Raab. „Onkel Gerhard“ haben die Autoren viele der knapp 300 Seiten gewidmet. Ihm haben sie eine Stimme gegeben. Gegen das Vergessen. Gegen die eigene Familie. „Der Stolperstein“ ist aus der Perspektive Julie Freestones geschrieben. Für sie habe seine deutsche Vergangenheit nichts mit ihrem Partner zu tun, sagt sie. „In meinen Augen ist er viel amerikanischer als deutsch.“ Raab wollte Antworten auf Fragen finden, die ihm Freestone immer wieder gestellt habe, sagt er. Fragen, die er sich bis dahin nicht zu stellen gewagt habe. 40 Versionen hätten sie geschrieben, bis „Der Stolperstein“ ihren Ansprüchen genügt habe, sagten die Autoren bei ihrer Lesung im Speyerer Edith-Stein-Gymnasium. Lesezeichen „Der Stolperstein“, Julie Freestone und Rudi Raab, ISBN: 978-3-7439-3132-9. Termin Am Dienstag, 15. Mai, um 19 Uhr lesen im Frank-Loebschen Haus in Landau Julie Freestone und Rudi Raab aus ihrem Buch. Rebecca Rust und Friedrich Edelmann spielen dazu unter anderem Musik von Max Stern oder Hans Gál.

Eindringlicher Vortrag im Edith-Stein-Gymnasium in Speyer: Rudi Raab und Julie Freestone sind ein Paar mit gegensätzlicher Verga
Eindringlicher Vortrag im Edith-Stein-Gymnasium in Speyer: Rudi Raab und Julie Freestone sind ein Paar mit gegensätzlicher Vergangenheit.
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