Kultur Südpfalz Appell zu mehr Wachsamkeit

Bewegende Erinnerung und ein Appell zu mehr Wachsamkeit war die Gedenkstunde anlässlich des 73. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz in der Kapelle des Hauptfriedhofs Landau.

Gut 60 Bürger folgten der Einladung der Stadt Landau, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit sowie des Vereins für Volksbildung und Jugendpflege. Schüler des ESG lasen aus Morris Gleitzmans Buch „Einmal“. Ganz im Zeichen des „Nie wieder“ stand die Trauerfreier, die Bürgermeister Maximilian Ingenthron eröffnete. Zuerst schleichend und ab 1933 offiziell habe sich in der Stadt das Ausgrenzungs- und Verfolgungsgift ausgebreitet, das Bürger im eigenen Land zu Fremden machte, sagte er. Menschen, die doch nur das eine sein wollten, „Landauer wie du und ich“, so Ingenthron. 600 jüdische Bürger habe es 1933 in Landau gegeben, nur fünf waren es noch am Kriegsende. Den Opfern aus dieser Zeit „wieder einen Namen geben“ – wie etwa durch das Stolperstein-Projekt – das sei heute „dringender nötig denn je“. Gebe es doch wieder viele Bedrohungen, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus im Land. Er appellierte: „Wehret den Anfängen“ und warnte: „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“. Als Zeichen der Hoffnung wertete er aber das Engagement vieler Bürger der Stadt, die Rückgrat zeigten. Er freute sich, dass die inzwischen 228 verlegten Stolpersteine von der Landauer Linksjugend gereinigt werden, damit sie ein gut lesbares Mahnmal bleiben. Auch Studenten- und Schüleraktionen lobte er. So die Theatergruppe des Eduard-Spranger-Gymnasiums, die die Gedenkfeier mitgestaltete. Die Schüler Helena Wetzel, Tamara Schwartz, Elisa Deutsch, Lorena Balea und Paul Rudolph lasen unter der Leitung von Claudia Scharfenberger aus Morris Gleitzmans Buch „Einmal“. Die Ausschnitte über die Judenverfolgung in Polen warfen ein beklemmendes Schlaglicht auf die Angst und Flucht des Jungen aus einem Waisenhaus, das vergebliche Warten auf die Eltern, die nicht mehr kommen. Auf Bücherverbrennungen, die Sprache „Nazisch“, Gewalt und Tod. Auf seinen Beschützerinstinkt für ein verwaistes Mädchen, das Eingepferchtsein in Güterwaggons. Auf Leid, Tränen und Träume, Gedankenflüge von Hoffnung, Glück. Aber auch aufs Zehren von guten Begegnungen. Auf den Wert solcher Begegnungen hob Wolfgang Pauly, Geschäftsführer der Gesellschaft für christliche-jüdische Zusammenarbeit ab. Mord, Leid, Grauen und Zerstörung seien nur möglich, weil man es „geschehen lässt“, unterstrich der Professor die Unkultur des Wegsehens. Er verurteilte Abschottung, Ausgrenzung und Mauern, sprach sich „für Bewegung durch Begegnung“ aus, die andere „als Bereicherung“ sieht. Damit es so etwas wie den Holocaust „nie wieder gibt“, müsse man Zeichen setzen, ganz praktisch, sagte er. Mit Werken von Bach umrahmte Clemens Kerner die Gedenkstunde. Bei der Kranzniederlegung am Holocaust-Gedenkstein lasen Elisabeth Morawietz und Hans-Martin Rieger Passagen aus dem Gedicht „Todesfuge“ von Paul Celan.

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