Rheinpfalz Bauern bereit zur Großdemo

Der Frust bei den Landwirten aus der Region kocht über. Sie fühlen sich in Politik und Gesellschaft als Buhmann, Wasservergifter, Tierschinder oder Insektenmörder verunglimpft. Ihren Unmut über dieses Bild in der Öffentlichkeit und über die strenge Reglementierung haben die Landwirte bei ihrer Kreisversammlung in Kaiserslautern-Hohenecken ungewöhnlich drastisch formuliert und eine Protestaktion in Berlin angekündigt.

Die Landwirte hören Andy Becht (FDP), Staatssekretär im Mainzer Landwirtschaftsministerium, und seinen Ausführungen zu ihren eigenen Perspektiven zu. Hören, dass sich Mainz klar für eine „familiäre professionelle bäuerliche Landwirtschaft“ positioniert und dass staatliche Einwirkung in die Märkte generell nicht wirklich sinnvoll sei. „Märkte regulieren sich grundsätzlich besser als unter Einwirkung“, sagt der Staatssekretär. Er nimmt auch den Verbraucher, der „sich endlich bewegen“ müsse, in die Pflicht. Betont, dass Mainz die Digitalisierungsanpassung sehr ernst nehme. „Ich kann ihre Zukunftssorgen nachvollziehen“, sagt Becht und unterstreicht, dass er im engem Kontakt mit dem Bauernverband steht. Die Aussagen erkennen sie alle an, die Bauern, die gemeinsam mit ihrem Präsidenten Ebert Hartelt und dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer, Norbert Schindler, den Auftritt des Landespolitikers verfolgen. Nur: Andy Becht muss sich auch einiges anhören, bekommt den Frust der Bauern zu spüren. Sie halten dem Mann aus Mainz entgegen, dass die regionalen Produkte von Verbraucher und Behörden mit Argusaugen beobachtet und kontrolliert würden. Komme das Lebensmittel von außen, sei dagegen alles gut, so die Kritik. Ländlicher als in weiten Teilen der Westpfalz gehe es kaum, dennoch fehle hier die Unterstützung. Im Gegenteil: Gerade hier, auf den mageren Böden, sei die Ausgleichzulage gestrichen worden. Eine schmerzliche Einbuße, war diese doch einst ein EU-Instrument, um große Unterschiede innerhalb der europäischen Landwirtschaft aufzufangen. Zudem sei der Breitbandausbau an vielen Orten noch immer „ein Desaster“. Ein Fazit der Landwirte: Bauer sein bedeute nicht nur strengste Überwachung. Den Landwirten werde vor allem eine Reglementierung übergestülpt, die nicht verlässlich sei, sondern zunehmend variiere. Die Westpfalz sei abgehängt, hier fehle die Infrastruktur, es gebe keine Mühlen, keine Getreideannahmestelle, keinen Viehmarkt mehr, so weitere Kritikpunkte. In einer solchen Region könne ein freier Markt nichts mehr regeln. „So haben wir keine Chance“, sagen die Bauern. Außerdem reiche das Einkommen, das „fern eines Mindestlohnes“ sei, nicht aus, um die von Mainz anvisierte „professionelle bäuerliche Landwirtschaft“ zu betreiben. Professionell zu sein, könne sich kaum einer leisten. Dafür müsse der gut ausgebildete Bauer sich ständig belehren lassen, wie er etwa seine Pflanzenschutzgeräte zu bedienen habe. Scharfe Kritik gab es am Umweltministerium, weil die grüne Mainzer Ministerin Ulrike Höfken in Berlin vor versammelter Runde die Landwirtschaft nur noch mit Umweltverschmutzung statt mit der Ernährung der Menschen in Verbindung gebracht habe. „Die Zeit ist reif“, appelliert deshalb der Kreisbauernvorsitzende Jürgen Vogelgesang an seine Berufskollegen, sich deutlicher öffentlich darzustellen: Einmal mit einer authentischen Information über das, was es bedeute, hier Bauer zu sein. Aber auch mit der Bereitschaft, zusammenzustehen und sich gemeinsam zu wehren. „Es ist an der Zeit, dass wir alle in Berlin aufschlagen und unsere Anliegen zu Gehör zu bringen“, kündigte denn auch Bauernpräsident Eberhard Hartelt eine baldige Großdemo an.

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