Kultur Südpfalz Belebende „Gefühlswechseldusche“

Mal ist er „Zarah ohne Kleid“, mal die „Rinnsteinprinzessin“: Tim Fischer liebt Chansons. Er singt die Evergreens von Zarah Leander, Marlene Dietrich und Hildegard Knef mit derselben Hingabe – und dem gleichen Erfolg – wie neue Stücke, die extra für ihn geschrieben und komponiert wurden. Am 9. Mai präsentiert Tim Fischer beim Karlsruher Opernball um 20 Uhr im Kleinen Haus des Badischen Staatstheaters sein neues Programm, „Geliebte Lieder“. „Ich freue mich sehr“, sagt der Chansonnier über seinen Auftritt beim Opernball. Er war schon oft im Karlsruher Tollhaus zu Gast. Aber ein Opernball stellt auch für einen erfahrenen Künstler wie Tim Fischer etwas Besonderes dar. Am liebsten würde er sich nach dem Auftritt unter die Ballgäste mischen und tanzen. „Wir sind ja schon festlich aufgezwirbelt“, so Tim Fischer. In zweimal 45 Minuten wird er in der Ballnacht eine komprimierte Auswahl der „Geliebten Lieder“ singen. Fischer ist überzeugt, dass die Ballgäste zwischen Salsa und Walzer auch ein paar nachdenkliche Töne vertragen können. Er hat Stücke auf Texte von Tucholsky, Hollaender und Kästner ausgewählt, aber auch neue Chansons. Entscheidend für ihn ist die Verbindung von Unterhaltung und Tiefgang. Fischer möchte seine Zuhörer durch eine „Gefühlswechseldusche“ beleben. Darin hat der Chansonnier seit einem guten Vierteljahrhundert Erfahrung. Im zarten Alter von 15 Jahren stand Tim Fischer schon auf der Bühne. Seine Begeisterung für das Chanson erwachte früh. „Ich habe immer schon gern gesungen. Als ich mit meiner Oma im Fernsehen alte Revuefilme sah, und dann noch Fassbinders Film „Lilli Marleen“, da wusste ich, was ich werden will“, erzählt der Künstler. Wer mit 12 nicht Fußballer oder Lokführer, sondern Hollywoodstar werden will, verbringt seine Freizeit sinnvollerweise in der Tanzschule. In Hude, also mehr oder weniger auf dem platten Land, übte Tim Fischer das Tanzen, weil die Filmstars der 1930er- bis 1950er-Jahre das so gut konnten. Dabei fand er immerhin Laura, seine erste Begleiterin am Klavier. Die Lieder und Chansons von Legenden wie der Dietrich, der Leander, der Piaf prägten Tim Fischers künstlerischen Reifungsprozess ebenso wie die jahrelange intensive Zusammenarbeit mit Georg Kreisler, dem Meister des schwarzen Humors. Es ist nicht die Gesangskunst, die bei der Interpretation von Chansons an erster Stelle steht, so Fischer. Entscheidend ist es, authentisch zu sein, in das Gefühl einzutauchen, das man vermitteln will. Fischer ist davon überzeugt, dass die Zuhörer merken, ob man sich mit der Thematik des Lieds auseinander gesetzt hat oder wie ein Schauspieler dem Publikum etwas vorspielt. „Beim Chanson geht es um Charakter“, sagt er. „Ich lebe mit meinen Liedern, ein paar davon sind ein Teil von mir selbst.“ Und: gute Musik wird nicht alt. Tim Fischers Tag fängt mit grünem Tee oder schwarzem Kaffee an, dann wird gearbeitet. Ein Konzert ist das Ergebnis von viel Arbeit und Organisation, erklärt der Künstler. Natürlich ist er viel unterwegs zu seinen Auftritten, meist mit der Bahn. Wenn er Zeit hat, besucht er gern Kollegen und sieht deren Programme an. Nach vielen Jahren in der klassischen Chanson-Besetzung – ein Sänger, ein Pianist – freut sich Tim Fischer auf die Aussicht, mit großem Orchester auftreten zu können. Auf der CD „Drei Sterne“ wird er von der NDR Radiophilharmonie und dem WDR Funkhausorchester Köln begleitet. Damit will er live auf die Bühne, denn: „Diesen Sound hört man heute kaum noch“, sagt Fischer.

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