Kultur Südpfalz Das Gackern der „Pälzer Hinkel“

Wenn Tschaikowskis Schwanensee zum rhythmisierten „Swingy Swan“ avanciert, Herbie Hancocks karibischer „Watermelon Man“ seinen Karren durch den Innenhof des Frank-Loebschen Hauses zieht und im jazzigen Rhythmus statt „The Chicken“ plötzlich „Pälzer Hinkel“ gackern, dann sind „Die neuen Wandermusikanten“ unterwegs.

Sie haben keine Scheu, Richard Strauss′ „Also sprach Zarathustra“ mit dem „Chameleon“ von Herbie Hancock zu kreuzen. Sie kombinieren klassische Musik mit volkstümlichen Weisen, interpretieren moderne Pop-Songs auf ihre spezielle Art, am besten aber beherrschen sie den Jazz und lateinamerikanische Rhythmen und stiften mit überspringender Freude am Singen und Musizieren ihr Publikum zum Mitmachen an: „Immer wieder auf, immer wieder nieder, immer wieder Soul, immer wieder Jazz“. War das eine Freude, wenn Thomas Hammer aus Hauenstein in minutenlangen hammerharten Soli auf die umgehängte Trommel haute. Begeistert reagierte das Publikum auch, als Florian Wehse nostalgisch anmutend durch ein Megafon „Bei mir bist du scheen“ erklingen ließ. Samba-Gefühl kamen nicht nur auf, als der Schlagzeuger Arne Moos mit rauchiger Stimme das Lied des Mariachi (Cancion del Mariachi) anstimmte. Bernhard Vanecek entschuldigte seinen Bruder Roland, der beruflich verhindert war und erklärte mit flotten Sprüchen, wo sie herkommen und der Ursprung der Wandermusiker liegt: „Wenn man auf der Europastraße 50 (in Deutschland die A6) von Prag nach Paris unterwegs ist – natürlich geht es auch umgekehrt – und genau in der Mitte abfährt, dort ist das sogenannte Musikantenland.“ Zwölf Kilometer nördlich von oben erwähnter Abfahrt liegt, idyllisch im Pfälzer Bergland, Schneckenhausen. Hier, in der „Pfälzischen Prärie“ (so lautet eine Komposition), ist die Heimat der Zwillingsbrüder Bernhard und Roland Vanecek. Sie haben vor zehn Jahren beschlossen, die Idee des Freien Musizierens auf der Wanderschaft wieder aufleben zu lassen und ziehen seither zusammen mit Kameraden als „Die Neuen Wandermusikanten“ zu Gesang, Schlagzeug, Posaunen und Trompeten durch die Lande. Von der Großmutter aus Mazedonien haben sie traditionelle Melodien „geerbt“, die sie in Noten gesetzt haben und zum Beispiel mit dem Titel „Achmed lach ned“ überschreiben. „Susi“, das Sousafon von Jochen Welsch, mutete an wie ein verbogenes Ofenrohr mit aufgesetzter Schüssel und weckte mit seinen tiefen Tönen gemeinsam mit Max von Einem an der Posaune, Florian Wehses Trompete und den Trommeln von Arne Moos und Thomas Hammer schlafende Löwen, erinnerte an die Familie Feuerstein und unterstütze die Geisterjäger. Von der Westpfalz aus zogen die Wandermusikanten im 19. Jahrhundert um die ganze Welt und verdienten das Geld für die Familie. Am Montagabend haben „Die Neuen Wandermusikanten“ mit viel Getöse und flotten Sprüchen im Rahmen der Montagsreihe ein gut gelauntes, „hochbegabtes“ Publikum mitgenommen. Dieses Prädikat verlieh Vanecek den Gästen des Vereins Kulturzentrum Altstadt, weil es fehlerfrei im Rhythmus eines Liedes den Refrain mitsingen konnte: „Just give me more oil in my lamp, keep it burning, I pray, keep it burning till the break oft the day“. Applaus und begeisterte Zurufe wurden mit Zugaben belohnt. (srs)

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