Baden-Baden Das Tanzfestival „The World of John Neumeier“

Szene aus John Neumeiers Ballett „Die Glasmenagerie“
Szene aus John Neumeiers Ballett »Die Glasmenagerie«

Alles tanzt: im Festspielhaus , im Kurpark, in der Sporthalle. Das Festival „The World of John Neumeier“ verwandelt Baden-Baden in eine einzige Bühne.

John Neumeier, viele Jahrzehnte der legendäre Direktor und Chefchoreograph des Hamburg Ballett, hat im Festspielhaus Baden-Baden für drei Festivalwochen eine neue Heimat gefunden. Er hat das Programm selbst zusammengestellt, das bis zum 13. Oktober eine Auswahl von abendfüllenden Handlungsballetten bis zu ersten eigenen Choreografien von Nachwuchskünstlern bietet.

Benedikt Stampa, Intendant des Festspielhauses, freut sich, dass endlich nach Corona das internationale Publikum zurückkehrt. Natürlich tritt das Hamburg Ballett mit zwei Neumeier-Choreografien auf. Dieses Jahr liegt der Schwerpunkt auf der Literatur, auf der „Glasmenagerie“ und „Endstation Sehnsucht“ nach Tennessee Williams.

John Neumeier zu seinem 80. Geburtstag 2019
John Neumeier zu seinem 80. Geburtstag 2019

John Neumeier erinnert sich, wie eine Aufführung der „Glasmenagerie“ an der Marquette University in seiner Heimatstadt Milwaukee während seiner Studentenzeit dort seine Faszination für Literatur weckte. Aber er stellt klar: „Die Ballettabende nach Tennessee Williams sind keine vertanzten Texte. Ich habe für jedes Stück ein eigenes Tanzvokabular und eine eigene Bühnenatmosphäre geschaffen.“ Wirklich fertig seien seine Stücke nie: „Meine Choreografien ändern sich immer. Tanz ist eine lebende Kunst, kein unveränderliches Bild, das in einer Galerie hängt. In den Proben sehe ich meine Stücke immer wieder neu. Änderungen sind wichtig, das Werk muss eine Relevanz haben“, erklärt der 1939 geborene Choreograph.

Das Hamburg Ballett ist mit seiner Arbeitsweise bestens vertraut. Am Wochenende vom 4. bis 6. Oktober zeigt es in „Endstation Sehnsucht“, wie es dazu kam, dass Blanche in der Psychiatrie gelandet ist. Am Folgewochenende vom 11. bis 13. Oktober rückt die Truppe in „Die Glasmenagerie“ den jungen Tom als Alter Ego von Tennessee Williams in den Mittelpunkt.

Szene aus „Endstation Sehnsucht“
Szene aus »Endstation Sehnsucht«

Das von Neumeier gegründete Bundesjugendballett wirft im Tanzabend „Like a Dog With a Bone“ einen Blick zurück in die Vergangenheit und einen Blick nach vorn in die Zukunft. Edvin Revazov, bekannt als Solist des Hamburg Balletts, stellt sich hier mit der Uraufführung von „The Hills We Climb“ als Choreograph vor. In „Cherished Mentors“ haben die acht jungen Tänzerinnen und Tänzer unter anderem Stücke von Sybil Shearer rekonstruiert. In Shearers Company hatte Neumeier von 1960 bis 1962 sein erstes Engagement als Tänzer.

Neumeier sieht in den Mitgliedern des Bundesjugendballetts „eine Hingabe an die Kunst, die man mit allen Mitteln schützen muss“. Die beiden Aufführungen im historischen Theater Baden-Baden sind bereits ausverkauft. Während des Festivals arbeitet das Bundesjugendballett mit Schülerinnen und Schülern zusammen. Das Ergebnis ist unter dem Titel „Social Dance“ am 8. Oktober um 17 Uhr in der Sporthalle der Stulz-von-Ortenberg-Schule zu sehen, Eintritt frei.

Choreografie „Under the Trees' Voices“ mit Dylan Gutierrez and Jeraldine Mendoza vom Joffrey Ballet.
Choreografie »Under the Trees' Voices« mit Dylan Gutierrez and Jeraldine Mendoza vom Joffrey Ballet.

Das Eröffnungswochenende vom 27. bis 29. September hat Neumeier dem 1956 gegründeten Joffrey Ballet aus Chicago anvertraut. Er kennt die Company gut, er hat einige Tanzstücke für das Joffrey Ballet kreiert. Ashley Wheater, der künstliche Leiter des Joffrey Ballets, sagt: „Es ist sehr wichtig, in Europa gesehen zu werden. Baden-Baden ist ein besonderer Ort, und das Festspielhaus ein fantastischer Spielort.“ Im Mittelpunkt des dreiteiligen Ballettabends mit modernen Choreografien steht das Stück von Cathy Marston „Of Mice and Men“, nach John Steinbecks Novelle „Von Menschen und Mäusen“. Die Musik wird live gespielt von der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken und Kaiserslautern.

Wer Lust hat, selbst zu tanzen, kommt am 28. September mittags um 12 Uhr zur Konzertmuschel im Kurpark. Mit dem Bundesjugendballett und seinem Ballettmeister Raymond Hilbert können Tanzbegeisterte jeder Generation einfach eine Stunde lang zu Musik tanzen.

Alle Infos und Karten: festspielhaus.de

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