Landau Der gestiefelte Barde: Gringo Mayer

Gringo Mayer, Mundart-Sänger und Entertainer, steht in der Innenstadt vor den Hochhäusern an der Neckarpromenade.
Gringo Mayer, Mundart-Sänger und Entertainer, steht in der Innenstadt vor den Hochhäusern an der Neckarpromenade.

Dialekt kann eine Brücke sein. Wenn Rockmusiker Gringo Mayer seine kultgewordene Seufzerhymne „Ahjoo“ in Mundart anstimmt, können viele zwischen Eifel und Baden mitsingen. BAP, die Spider Murphy Gang oder Joy Fleming haben es vorgemacht: Musik in Mundart muss kein Nischenprodukt sein.

Gringo Mayer kommt von einer ausgedehnten Deutschlandtour zurück. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer bemerkenswerten Entwicklung. Über den überregionalen Erfolg freut und wundert sich der Mann mit dem ungewöhnlichen Namen selbst ein wenig – obwohl er mit zwölf Jahren beschlossen hatte, Rockstar zu werden. „Wenig schaffe, aber im Schloss wohne: So war die Vorstellung.

Ein Schloss hat der 35-Jährige in seiner Wahlheimat Mannheim zumindest vor Augen. Geboren ist Tim Mayer in der Arbeiterstadt Ludwigshafen – was seinen Stil dunkelhumoriger Texte durchaus geprägt haben könnte. „Den Blick von unten auf die Welt habe ich nie verloren. Dieses Underdog-Ding. Keiner rechnet mit dir. Als Ludwigshafener giltst du als hässliches Entlein neben Heidelberg und Mannheim. Für mich war das ein Antrieb. Geht es nicht – dann erst recht! Als Künstler musste ich aber erstmal aus Ludwigshafen raus.“

Tritt im September in der Landauer Festhalle auf: Gringo Mayer.
Tritt im September in der Landauer Festhalle auf: Gringo Mayer.

Es waren recht unsortierte Lehr- und Wanderjahre. Ein bisschen dies, ein bisschen das, ein wenig Kellnern, natürlich Musik – man wird ja Rockstar. „Ich konnte zwei Akkorde auf der Gitarre und habe Songs geschrieben. Auf Englisch, weil ich das so aus dem Radio kannte“, erzählt Mayer. Mit 30 kommen Zweifel.

„Die ganze Kraft und all das, wohin man sich immer geflüchtet hat, wovon man geträumt hat, bröckelte. Ich habe dann gesagt: Ich ziehe zu Freunden nach Freiburg und schaue, was passiert. Genau dort habe ich mich dann mit meiner Muttersprache versöhnt, die ich schon als Kind aufgesogen habe und mir doch popkulturell nie relevant erschien.“

Dialekt als Vehikel

An diesem Tag sitzt Mayer in einem Lokal in Mannheim. Oberlippenbart, die Haare zurückgekämmt, Cowboystiefel, unter dem orangefarbenen Hemd lugt ein Goldkettchen hervor. Die Schuhe waren namensstiftend. „Wegen der Cowboystiefel wurde ich früh Gringo genannt. Einerseits hat der Begriff etwas Gefährliches, andererseits ist er cool und bildet einen schönen Kontrast zu meinem sehr deutschen Nachnamen: Gringo Mayer.“

Seine Texte sind in Kurpfälzisch. Der Dialekt ist aber nur ein Vehikel. Als klassischer Mundartsänger sieht er sich nicht. Das Besingen von Leberwurst und Schorle überlässt er anderen. Bisher führte das ihn und seine Begleitmusiker – Name: Kegelband – auf große Bühnen wie gerade beim Fest in Karlsruhe oder zur TV-Sendung „Inas Nacht“ in Hamburg. Wohin es ihn noch führen wird? Klar, Rockstar. Und sonst?

„Im Dialekt kann ich besser und konkreter Emotionen transportieren. Ich symbolisiere damit schon eine bestimmte Region, aber mit Idealisierung oder so hat das nichts zu tun. Dafür bin ich der total falsche Typ. Ich fand ja schon toll, Erfolg in der Region zu haben. Jetzt touren wir sogar deutschlandweit. Also: Mo gugge.“

Joy Flemings „Mörderstimme“

Musikexperte Frank Laufenberg sieht Mundart zwiespältig. „Wenn du Dialekt singst, läufst du Gefahr, regional hängenzubleiben“, meint er. „Als ich die erste Platte von BAP hörte, dachte ich: Oh, ob das außerhalb von Köln etwas wird? Es gibt immer noch Kölner, die dä Wolfjang nit verstonn.“ Bis heute drucke BAP die Texte auf dem Plattencover auf Hochdeutsch ab. „Niedecken wusste von Beginn, dass er den Hörer- und Käuferkreis mit Dialekt verkleinert.“

Grundsätzlich komme es auf die Musik an. „Joy Flemings kurpfälzischer ,Neckarbrückenblues’ zum Beispiel ist hervorragend. Die Frau hatte eine Mörderstimme. Das war toll gemachte Musik im Dialekt“, sagt Laufenberg. „Oder Wolfgang Ambros. Seine Plattenfirma hat sein österreichisches Erfolgsalbum für Deutschland neu aufnehmen lassen. Das ist eben die Krux: Im Dialekt kannst du leichter verstanden werden – aber eben auch leichter missverstanden“, sagt der 79 Jahre alte Rundfunkpionier und Betreiber des Internetradios PopStop.

Nach zwei CDs steht Gringo Mayer an einer entscheidenden Kreuzung, scheint es. Gerade ist sein neuer Song erschienen: „Fabrigg“. Es geht um die Skyline prägende Chemiefabrik BASF seiner Geburtsstadt Ludwigshafen. Das Lied klingt reifer als die bisherigen Produktionen. Musikalisch ein Schritt nach vorn. In Planung ist ein neues Album. Also Erfolg? Oder Stagnation? Der Musiker lacht. „Das ist dieses Underdog-Ding. Keiner wartet auf uns. Genau darin liegt die Chance.“

Termin

Gringo Mayer spielt mit seiner Kegelband am 27. September bei einem „Pälzer Owend“ in die Landauer Festhalle zum runden Geburtstag der Stadt. Einstimmen soll ab 20 Uhr die Südpfälzer Band Scubacloud mit Elektropop. Zu später Stunde legt ein DJ für alle Tanzwütigen auf. Es gibt Flammkuchen, Wein, Gin und Eis – alles aus der Region. Karten: pretix.eu/stadtholding/GringoMayer/.

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