Kultur Südpfalz Der Philosoph und Bluesdenker

Wie immer rückte man zusammen im Musikantebuckl in Oberotterbach, damit ihn auch jeder sehen und hören konnte, den feinsinnigen Kabarettisten Arnim Töpel, den begnadeten Musiker an Klavier und E-Bass mit einer Stimme, die direkt am Herzen ankommt.

Herzensbildung, das zeichnet ihn aus, den Spieler an Tasten, Saiten und Sprache. „Nur für kurze Zeit“ heißt sein neues Programm, nur für kurze Zeit gibt es im Supermarkt an „de Worschtthek“ „e bissel wennicher fer de gleiche Preis“. „Nur für kurze Zeit“, das sind viele neue Songs, Bewährtes in anderem Gewand, Ausflüge in die Literatur, aber auch ewig nicht Gehörtes, manches Unerwartete, eigens zusammengestellt für den Abend. Thema ist die Endlichkeit, nicht als Drohung, sondern als Chance. „Gott zum Gruß, hier lebt der Blues“, dies ist das Motto. Eigentlich hat der in Walldorf aufgewachsene Töpel ja die Juristerei betrieben und war Radiotalker beim SWR, bis er sich vor 15 Jahren entschloss, hauptberuflich die Kleinkunstbretter zu betreten. Arnim Töpel spricht drei Sprachen, hochdeutsch, kurpfälzisch und musikalisch. Er ist ein Philosoph unter den Kabarettisten, ein Bluesdenker, ein „Masterbabbler“. Und er liebt Krimis, ja, er schreibt Krimis, aus denen er an diesem Abend auch las: Mundartkrimis. „De Schorle-Peda“ ist die Leiche, „de Günda“, das „Mundart-Alter-Ego“, der Kommissar, ein eher wortkarger Geselle, dessen Assistent Fritjof Freese gestelzt daher kommt. „Muffzekoppp“ steht für einen „Muffel“. „Günda“ oder „der Tschief“ bekommt eine zweite Nuss zu knacken. Herrlich komisch, das Spiel von Dialekt und Hochsprache! Der Gesellschaft auf charmante Weise den Spiegel vorhalten und daraus tiefgründige poetische Lieder zu weben, das ist eine Kunst, die kein Zweiter beherrscht. Und dieses Mal gibt es keine Geschichte wie an den vorangegangenen acht Solo-Programmen Programmen, lediglich ein roter Faden. Klassiker wie „Singlewelt“, verraten, dass Singles nicht allein sind, „Master uf dess, Master uff sell“ prangern das Wissenschaftssystem an, so dass aus Bob Dylans „Father today, father tonight“ der „Master uff Ferz“ wurde. „Kaffee ohne Zucker“, eine Liebesballade ist eines der ersten Stücke überhaupt und bringt sie voll zur Geltung – die geschmeidige melodische Stimme. Ganz neu ist, dass er sie austauscht, die Tasten gegen Saiten an einem E-Bass, die er souverän, mit einem Handschuh bewehrt, zupft, beispielsweise „Allergie, du machst mich hie“ zu Eric Claptons Coversong „cocaine“. Einfühlsam einer seiner Lieblingssongs von Rory Gallagher, auf deutsch: „Ich will einfach nur ans Meer“ und zwar allein, nachdem sich der Urlaub mit befreundeten Familien als „Vorhof zur Hölle“ entpuppt hat.Genuschelter Dialekt ehrlich und direkt und geschliffene Hochsprache, kultiviert und intellektuell korrespondieren und bringen Aussagen auf den Punkt, die berühren und manchmal auch ein wenig wehtun. Aber die Liebeserklärung an die Heimat ist und bleibt der Dialekt, das Besinnen auf den Ursprung, der in der Frage gipfelt: „Wem kerscht dann du?“ Leider kann man „es nit hewe“, auf hochdeutsch „nicht festhalten“, aber mitnehmen kann man sie – die klugen Worte eines einfühlsamen Künstlers. Er erklärt, er sei mittels seiner Mundartprogramme angekommen, nach Hause gekommen. Was gibt es Schöneres? (utge)

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