Rheinpfalz Die Glocke läutet Sturm

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Seit September 2016 ist die Sanierung der Bartholomäuskirche abgeschlossen. Am Gelöbnisfest „Mariae Herzeleid“ wurde nach einer Bauzeit von fast elf Monaten der erste Gottesdienst in der 1789 benedizierten Kirche gefeiert. Nach wie vor ist aber unklar, wie die Sanierungskosten auf Pfarr- und politische Gemeinde aufgeteilt werden: Das soll vor dem Verwaltungsgericht in Neustadt geklärt werden.

Als Termin für die Verhandlung wurde der 10. Mai ins Auge gefasst. Darüber informierte ein Sprecher des Neustadter Gerichts auf Anfrage der RHEINPFALZ. Ob der Termin, der unter dem Aktenzeichen 3 K 935/15.NW ursprünglich für das inzwischen abgelaufene erste Quartal 2017 avisiert worden war, gehalten werden kann, müsse aber noch mit den Anwälten der beiden Parteien geklärt werden. Zwischen Oktober 2015 und September 2016 hatte die Kirchenstiftung rund 300.000 Euro investiert, um unter anderem das Turmdach des Gotteshauses neu einzudecken, das Gebälk teilweise zu ersetzen, Schäden am Sandsteinmauerwerk zu beseitigen, poröse Steine zu ersetzen, Fugen zu erneuern und zu verpressen. Bereits im Vorfeld der Sanierung, deren Notwendigkeit seit Jahren unumstritten war, war zwischen Pfarrei und Ortsgemeinde darüber gestritten worden, wer für die Arbeiten aufkommen müsse. Im Januar 2015 hatte die Ortsgemeinde sich per Ratsbeschluss und „als freiwillige Leistung“, wie damals betont wurde, bereit erklärt, 100.000 Euro zur Sanierung des Turms beizusteuern. Dieses Angebot hatte die Kirchenstiftung abgelehnt: „Wir wollen ein für alle Mal die Frage der Kostenträgerschaft für den Turm vom Verwaltungsgericht klären lassen“, hatte der Verwaltungsrat damals beschlossen. Bis zur Klärung der Finanzierung ist die Pfarrei in Vorlage getreten. Das Bistum gewährte einen Zuschuss in Höhe von 100.000 Euro. Der Hintergrund des Rechtsstreits: Es war unbestritten die politische Gemeinde, die den Turm der Bartholomäuskirche in den Jahren 1826 und 1827 errichten ließ, um einen alten, baufälligen Turm zu ersetzen. Aussagen über die Bauträgerschaft für den Turm wurden allerdings weder per Vertrag vereinbart noch im Grundbuch festgeschrieben. Dass die Gemeinde den Turm finanzierte, das hatte vor rund 190 Jahren praktische Gründe: Der Glockenschlag gliederte für die Menschen in der Gemeinde den Tag, die Glocken sorgten dafür, dass auch die Bauern auf den Feldern wussten, wann die Arbeit zur Mittagspause zu unterbrechen und am Abend zu beenden war. Und vor allem: Die Glocken auf dem Turm dienten als Alarmsignal. Bei Bränden riefen sie die Bürger zur Mithilfe beim Löschen, und sie warnten vor sonstigen Gefahren. Nicht umsonst hat sich bis in den heutigen Sprachgebrauch der Ausdruck „Sturm läuten“ gehalten. Diese Funktionen freilich haben die Kirchtürme mit ihren Uhren und Glocken schon lange nicht mehr. Ob die politische Gemeinde nun als Erbauerin zur – eventuell anteiligen – Finanzierung von Reparaturen verpflichtet ist, hat das Verwaltungsgericht in Neustadt nun zu entscheiden. Vor Jahresfrist hatte die Medienreferentin des Gerichts auf Anfrage mitgeteilt, dass ihr „vergleichbare Verfahren nicht bekannt“ seien. Und so könnte es bei der Verhandlung wohl auf einen Präzedenzfall hinauslaufen, gibt es doch nicht nur beim Kirchturm in Hauenstein unklare Besitzverhältnisse. Ähnliche Unklarheiten gibt es auch in vielen anderen Kommunen.

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