Kultur Südpfalz Die Reformation und wir

Gute Stimmung bei der Premiere: Der Bauernkrieg in Nußdorf ist Thema der dritten Station im Hof des Gemeindehauses bei der Stift
Gute Stimmung bei der Premiere: Der Bauernkrieg in Nußdorf ist Thema der dritten Station im Hof des Gemeindehauses bei der Stiftskirche.

Es ist bereits das zweite kirchengeschichtliche Stück von Chawwerusch in diesem Jahr nach der Produktion zum 200. Jahrestag der Neugründung des Bistums Speyer. In dieser wurde von Bischof Nikolaus von Weis ein sehr differenziertes Bild gezeichnet. Im „Kleinen Luther“ tritt einer seiner Vorgänger dagegen in satirischer Weise als Popanz auf. Das versteht sich, denn diesmal ist der Landauer Stadtpfarrer und – wenn man so will – Reformator an der Queich, Johannes Bader, die zentrale Figur. Und der wurde als Anhänger der neuen Lehre Luthers natürlich von der Speyerer Kirchenobrigkeit entsprechend angefeindet. Überhaupt lassen sich beide Stücke nicht nur wegen Zeit und Raum kaum vergleichen. Sie haben eine völlig unterschiedliche Dramaturgie. Das jetzt zu sehende Stück mit einer Station am künftigen Johannes-Bader-Platz, zweien in der Stiftskirche, einer im Hof beim Gemeindehaus und einer in diesem ist ein Panoptikum der Reformationszeit am Beispiel Landaus. Es besticht vor allem durch die Fülle der eingesetzten dramaturgischen Mittel, die über die pausenlosen zweieinviertel Stunden für nie nachlassende Spannung sorgt. Wie nicht anders zu erwarten, hat Chawwerusch – Buch und Regie sind von Felix S. Felix, Ben Hergl, Monika Kleebauer, Thomas Kölsch, Walter Menzlaw und Stephan Wriecz – wieder sorgfältig recherchiert und in die Szenen viel historische Informationen hineingepackt. Doch nie kommt das Stück wie trockener Schulfunk daher, immer gelingt es, die historischen Fakten in packende Szenen und Bilder einzupacken. Das angesprochene Buch „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant erschien übrigens in Basel, nicht in Straßburg, wo Brant erst später wirkte. In der Manier des Mysterienspiels des Mittelalters erscheinen allegorische Figuren. So wird zum Beispiel Baders Gewissen in der zweite Szene personalisiert. In der Schlussszene begegnen zwei junge Frauen von heute den Reformatorinnen von vor 500 Jahren. Ernste und komische Szenen sind bekömmlich gemischt. Das Trio der Kirchenmäuse im vierten Bild ist besonders effektvoll. Zwar steht der „Kleine Luther“ nur in Szenen zwei und vier deutlich im Mittelpunkt, aber er wird bewusst in unterschiedlichen Facetten gezeigt, mit seinen Zweifeln und Ängsten, aber auch seinem so gar nicht christlichen Hass auf die Wiedertäufer. Das den Frauen der Reformation gewidmete ausgedehnte letzte Bild im Chor der Stiftskirche weitet nicht nur den Blick in die Gegenwart, es ist auch bester Ausdruck einer individuellen, gedankenreichen und nachdenklichen Beschäftigung mit dem Thema. Der Abend endet mit einem Aufruf zur Tat: Reformation als immerwährende Herausforderung. Überaus gelungen, weil unkonventionell und eigene Akzente setzend, sind die Kostüme von Kristina Baumert und Hannah Bachmann. Die Produktion ist natürlich wieder ein Triumph für die rund 160 mitwirkenden Laiendarsteller, die mit Engagement und Können bei der Sache sind und dem Spiel pralles theatralisches Leben einhauchen. Sehr schön ist auch der stimmungsvolle Chorgesang der Landauer Liederleute unter Matthias Kreiter im dritten Bild. Info —Karten gibt es noch (Stand gestern) für die Vorstellungen heute um 19 und 19.50 Uhr, morgen am Samstag 11.50, 12.40, 16.40, 17.30 Uhr, am Sonntag 11, 11.50, 12.40, 15, 15.50, 16.40 Uhr, am 30. September 11, 11.50, 12.40, 15 und 15.50 Uhr, am 1. Oktober 11.50 und 12.40 Uhr sowie am 3. Oktober 12.40 Uhr. — Vorverkauf im Büro für Tourismus Landau, unter der Ticket-Hotline 06341 134141 oder www.chawwerusch.de. —Abendkasse und Einlass ist an der Ecke Stiftspassage/Kronstraße 38.

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