Kultur Südpfalz Drei Frauen – ein Problem

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„Maria hilf“ titelt die neue Chawwerusch-Produktion, die am Samstag, 4. März, im Theatersaal in Herxheim Premiere feiert und mit ihren SOS-Ruf nach einer polnischen Pflegekraft ein drängendes Problem unserer Gesellschaft in eine gewohnt komisch-tragisch-herzliche Geschichte packt. Unter Buch und Regie von Walter Menzlaw suchen drei Frauen im Ausnahmezustand den Weg zurück in den Alltag.

Drei Frauen – ein Problem. Mit ihren programmatischen Namen sind Maria, Magdalena und Michaela quasi eine Alliteration der deutschen Pflegesituation. Jede steht für einen Menschen mit typischen Problemen unserer Zeit. Alle müssen in einer plötzlichen Ausnahmesituation ihren Mann stehen und doch im eigenen Alltag weitergehen. Apropos Mann: Die Tatsache, dass Männer in diesem Stück nur am Rande (oder als Buchautor und Regisseur vorkommen) ist ebenfalls symptomatisch für das, was sich in deutschen Privathaushalten abspielt. So jedenfalls haben es die aufwendigen Recherchen ergeben, die diesem Stück, das nicht zuletzt auf Wunsch von Fachkräften in der Pflege, aber auch durch persönliche Erfahrungen entstand, vorausgingen. Das Maria-Hilf-Team hat wissenschaftliche Erkenntnisse studiert, wurde von Ingeborg Hafferts Buch „Eine Polin für Oma“ inspiriert und hat Interviews mit Betroffenen geführt, um diese Geschichte ganz nah am Puls der Zeit zu inszenieren. Alles dreht sich dabei um die Witwe Magdalena (Felix S. Felix), die durch einen Schlaganfall aus ihrem bislang gut funktionierenden Leben herauskatapultiert wird und allein nicht mehr zurecht kommt. Diese plötzliche Ausnahmesituation erfordert den Beistand ihrer Tochter Michaela (Miriam Grimm), die als alleinerziehende Sozialpädagogin ein engagiertes Leben führt und nicht grundlos schon „so früh wie möglich“ daheim ausgezogen ist. Weil sie die Pflege ihrer eigensinnigen Mutter nicht selbst stemmen kann und will, muss gegen deren Willen eine polnische Perle her. So kommt Maria ins Haus, die von Gastschauspielerin Yaroslava Gorobey, verkörpert wird. Auch sprachlich besonders authentisch wird ihre Bühnenpräsenz dadurch, dass die Absolventin der Theaterakademie Mannheim ukrainisch-russische Wurzeln hat und nebenberuflich in einem Pflegeheim arbeitet. In Menzlaws Stück wird sie zum Inbegriff aller Marias, Wieslawas oder Goskas, die als polnische Pflegekräfte mal mehr und mal weniger legal durch offizielle Kontaktbüros oder private „Tanten“ für die häusliche 24-Stunden-Pflege nach Deutschland vermittelt werden. Sie ist – so interpretiert Varoslava Gorobey ihre Rolle – „voll Energie und positiv, will helfen, so viel sie kann“ und mit dem Geld, das sie verdient, ihre eigene Selbstständigkeit beweisen und die Familie unterstützen. Ihre Patientin macht ihr das allerdings nicht leicht. Denn Felix S. Felix gräbt in die hilflose Magdalena recht kratzige Charakterzüge. Ihre körperliche Abhängigkeit lässt ihren messerscharfen Verstand, aber verknorzten Geist umso stärker quertreiben. Bockig, herrschsüchtig, stolz und zornig widersetzt sie sich den gegebenen Umständen, beschimpft und beschämt ihre Tochter und schwelgt in aufgehübschten Erinnerungen, die Michaela erst recht verletzen. Dass die drei „Ms“ in dieser explosiven Gemengelage neben der gebotenen Tragik und Dramatik auch viel Komisches entdecken und mit Lust und Leidenschaft den Sinn des Publikums für die drei sehr spezifischen Frauenperspektiven wecken, spürt man schon bei einem Probebesuch. Walter Menzlaw, der Buch und Regie verantwortet, ist diese Balance, die weder Helden noch Opfer benennt, sehr wichtig. Schließlich komme es doch auch in der Realität darauf an, hinter dem in Deutschland gängigen, „halblegalisierten“ System, jeden einzelnen Menschen zu sehen. Wie fühlt es sich an, wenn man fern der Heimat rund um die Uhr einen Fremden pflegt? Was passiert mit einer Person, die plötzlich für kleinste Handreichungen Hilfe braucht? Was bedeutet es, wenn man neben Job und Familie die Pflege der Eltern organisieren muss? Die warmherzige Inszenierung will helfen, darauf Antworten zu finden und somit mehr Verständnis zu wecken. Info „Maria hilf“ Premiere. Samstag, 4. März, 20 Uhr, Chawwerusch-Theatersaal, Herxheim. Weitere Termine: 5. März, 19 Uhr, 10. und 11. März, 20 Uhr, 12. März, 19 Uhr, 17. und 18. März, 20 Uhr, 19. März, 17 Uhr. |ttg

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