Rheinpfalz Ein Blick in die Welt der alten Römer

Gefäße aus Glas waren für Salben und Parfüms bestimmt.
Gefäße aus Glas waren für Salben und Parfüms bestimmt.

Seit über 100 Jahren fördern Archäologen in Rheingönheim bedeutsame Funde aus der Römerzeit zutage. Erstmals dokumentiert das Ludwigshafener Stadtmuseum nun mit einer Ausstellung Ergebnisse der Ausgrabungen. „Die Römer in Lu – Zwei Kastelle, eine Siedlung und ein Gräberfeld“ gibt einem an Geschichte und Heimatkunde interessierten Publikum einen Einblick in die Frühzeit der Römer am Rhein.

Spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wusste man, dass es in Rheingönheim Spuren aus römischer Zeit gibt. Erste Ausgrabungen auf einem nahe am Rhein gelegenen Acker begannen vor dem Ersten Weltkrieg. Weitere archäologische Forschungen folgten erst wieder Anfang der 1960er Jahre. Intensive Untersuchungen nahmen die Archäologen jedoch erst 2008 vor, als in der Nähe der Stelle, wo ein Militärlager der Römer gestanden hatte, ein Deich angelegt werden sollte. Wie Grabungen und Luftaufnahmen ergaben, hatten die Römer zwei aus Holz und Erde gebaute Kastelle an einer Stelle angelegt, wo damals, lange vor der Rheinbegradigung zu Beginn des 19. Jahrhunderts, der Neckar in den Rhein mündete. Das erste Kastell wurde um das Jahr 40 n. Chr. angelegt, jedoch nie fertiggestellt. Das zweite, weitaus kleinere, wurde im Jahr 69 n. Chr. zerstört. Das größere sollte auf einer Fläche von 400 mal 600 Metern offenbar über 5000 Soldaten aufnehmen, was der Stärke einer Legion entsprach. Das kleinere bot auf einem Fünftel der Fläche einer Hilfstruppe mit einer Stärke von höchstens 1000 Legionären Platz. Dieses kleinere bildete ein Glied in der Kette von Lagern am Rhein zwischen den großen Kastellen in Mainz und Straßburg. Um das Rheingönheimer Lager herum hatten sich Bauern angesiedelt, die die Soldaten mit Lebensmitteln versorgten. Aus Geschirr, das Ausgrabungen zutage förderten, lässt sich schließen, dass sie wohlhabend waren. Außer den Dörfern befand sich hier auch ein Gräberfeld. Vermutlich während des Aufstands der Bataver, eines am Niederrhein ansässigen Germanenstammes, wurden das Kastell und die beiden Siedlungen 69 n. Chr. überrannt und niedergebrannt. In einem Keller fanden die Archäologen zwei angekohlte Skelette. Dem einen war der Kopf abgehackt, dem anderen der Schädel eingeschlagen worden. Der Standort in Rheingönheim war in der Folgezeit ohnehin nicht mehr von Interesse, weil die Römer rechtsrheinische Gebiete erobert hatten und den Neckar-Odenwald-Limes errichteten. Das Rheingönheimer Kastell ist für die Archäologen ein Schatz. Denn es ist das einzige linksrheinische Militärlager in Rheinland-Pfalz aus der frühen römischen Besiedelungsepoche, das in den Umrissen noch erhalten und nicht durch spätere Überbauungen restlos zerstört worden ist. Dennoch ist es nicht völlig unbeschädigt. Ulrich Himmelmann von der Speyerer Außenstelle der Generaldirektion kulturelles Erbe bedauert, dass 1912 eine Bauschuttdeponie angelegt wurde, die den Westteil des früheren Lagers bedeckt. Der übrige Teil befindet sich unter einem Acker. Die Landwirte sind nach den Bestimmungen des Denkmalschutzes aus den 1950er Jahren gehalten, nicht tiefer als 30 Zentimeter zu pflügen. Krüge und Tafelgeschirr, Bronzefibeln und Haarnadeln, Glasgefäße für Parfüm und Salben, Babyfläschchen und auch ein Grillrost gehören zu den Funden, die im Stadtmuseum ausgestellt sind. Ein wertvolles Schwert, eine Gürtelschnalle und ein Schmuckstück aus dem Landesmuseum in Speyer werden erst ab Ostern zu sehen sein, sagt Regina Heilmann, die Leiterin des Stadtmuseums. Andere Objekte der Ausstellung kommen von der Generaldirektion kulturelles Erbe und aus den eigenen Beständen des Stadtmuseums. Der zeitlichen und räumlichen Orientierung dienen Karten, die den Verlauf des Limes zeigen und auf einem Zeitstrahl die welthistorischen Ereignisse von Caesars Ermordung 44 v. Chr. bis zu Kaiser Traians Tod 117 n. Chr. in Parallele zur lokalen Geschichte setzen. Ein Papiermodell des Rheingönheimer Militärlagers vermittelt ein anschauliches Bild, Zeichnungen geben eine Vorstellung vom Alltagsleben in römischer Zeit. Fotografien zeigen die Archäologen bei der Arbeit. Ein Archäologiepark, um den sich ein Verein mit 44 Mitgliedern seit zehn Jahren bemüht, ist bisher an den Besitzverhältnissen des Geländes und an der finanziellen Situation der Stadt gescheitert.

Der Hort: Flüchtende hatten Schmuckstücke und Münzen auf einen Teller gelegt.
Der Hort: Flüchtende hatten Schmuckstücke und Münzen auf einen Teller gelegt.
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