Rheinpfalz Ein Relikt aus Zeiten der Selbstversorgung

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Lauterecken. Obstmühlen dienten früher zum Zerkleinern von Äpfeln und Birnen, um den Saft zu gewinnen. Eine gut erhaltene Mühle steht am Ende der Brunnenstraße vor dem Betriebsgebäude der Süßmostkellerei Niehoffs Vaihinger Fruchtsaft GmbH.

Die Obstmühle in Lauterecken wurde etwa um 1850 hergestellt und stand ursprünglich in Frankelbach. Hans Springkämper, der frühere Eigentümer der Süßmostkellerei, ließ sie von dort an ihren heutigen Standort bringen. Eine der beiden Keltern stammt aus einem Bauernhof in Medard. Die Mühle besteht aus vier Teilen, die aus Sandstein hergestellt sind. Der Mühltrog mit einem Umfang von fast neun Metern ist aus zwei gleichen Teilen zusammengesetzt, die mit Eisenklammern verbunden wurden. Die Rinne ist nicht senkrecht eingetieft, sondern von der Außenseite her abgeschrägt. In der Mitte der Rinne ist eine Erhöhung ausgespart, die dieselbe Höhe hat wie der Trogrand. Auf ihm liegt der „Käs“ – ein abgerundeter Stein, der mit Klammern oder Dübeln mit seiner Unterlage verbunden ist. Im „Käs“ steckt ein Eisendorn, an dem das Ende der Zugstange befestigt wurde. Es lief durch die Nabe des Mühlsteins, die auf beiden Seiten von einer Metallplatte gehalten wurde, und ragt noch etwa 1,50 Meter über den Trog hinaus. Denn hier war das Zugscheit angebracht, an dem ein Zugtier – meistens ein Pferd oder Ochse – angeschirrt war und den Stein in Bewegung setzte. Während solche Stangen früher aus Holz waren, ist sie inzwischen durch ein haltbareres Eisenrohr ersetzt worden. Die geernteten Äpfel oder Birnen wurden im Trog zerkleinert, wozu etwa 30 bis 40 Umdrehungen notwendig waren. Anschließend füllte man den Obstbrei mit Holzschaufeln in eine Kelter, die aus Holz oder Stein sein konnte. Zwei steinerne Keltern, in der Pfalz „Biet“ genannt, stehen in der Nähe der Mühle. Es sind quadratische Steintröge, bei denen mit Hilfe einer eisernen Spindel Druck erzeugt wurde, um den Saft herauszupressen. Meistens stellte man daraus Apfel- oder Birnenwein her. Deshalb wurde er zum Gären in eine Korbflasche oder in ein Holzfass abgefüllt. Die Rückstände verfütterte man an das Vieh. In Lauterecken gibt es noch eine weitere Obstmühle, die sich heute in der Grünanlage an der B 420 befindet. Hier steht der Trog auf einem Sockel und der Mühlstein musste erneuert werden. Eine historische Weinpresse aus dem 17. Jahrhundert kann man noch am Obertor bewundern. Sie war ursprünglich in Kreimbach-Kaulbach beheimatet und erinnert daran, dass früher im Lauter- und Glantal sehr viel Wein angebaut wurde. Die Obstmühlen und –keltern sind Zeugnisse für eine Zeit, in der sich die ländliche Bevölkerung weitgehend selbst versorgte. Dazu gehörte auch die Herstellung von Obstweinen mit geringem Alkoholgehalt. Durch Maschinen ist die aufwendige Arbeit heute unnötig geworden. |dhb

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