Rheinpfalz Eine halbe Stunde Kritik

Es war keine alltägliche Verbandsgemeinderatssitzung am Mittwochabend in Rodalben. Dafür sorgte der einzige Tagesordnungspunkt. Einer, der äußerst selten auf Sitzungsunterlagen von Gemeinderäten steht: eine Abstimmung über die Einleitung eines Abwahlverfahrens gegen den Bürgermeister. Zwar stimmte die Mehrheit der Ratsmitglieder für den Antrag, den SPD, FWG und Grüne initiiert hatten. Die erforderlichen 19 Stimmen kamen aber nicht zusammen (wir berichteten).

Bürgermeister Werner Becker, vom Tagesordnungspunkt direkt betroffen, überließ die Leitung der Sitzung dem ersten Beigeordneten Peter Spitzer (SPD). Eine halbe Stunde lang nutzten die Fraktionssprecher von SPD, FWG und Grünen die Chance, mit dem Amtsinhaber abzurechnen. Genau das gedachte der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Georg Schäfer, der sich „zur Abstimmung genötigt“ sah, zu verhindern. Er hielt den anderen Fraktionen vor, im Vorfeld nicht mit der CDU gesprochen zu haben. Dann beantragte er das „Ende der Debatte“, ehe sie richtig begonnen hatte. Spitzer aber räumte den Fraktionssprechern Rederecht ein. Davon hatte zuvor schon Peter Pfundstein (FWG) Gebrauch gemacht. Die VG befinde sich in einer ernsten Lage. Weil vier von sechs Ortsbürgermeister eine weitere Zusammenarbeit mit Becker für undenkbar hielten, hatten sie ihn (ohne Widerhall) zum Rücktritt aufgefordert und den VG-Rat in die Verantwortung genommen, so der FWG-Sprecher. Der Rat habe die Aufgabe, mit der Einleitung des Abwahlverfahrens den Weg für eine Entscheidung der Bürger zu ebnen. Dann erinnerte Pfundstein Becker an seine eigenen Worte: Als die Ortschefs seinen Rücktritt forderten, habe Becker gesagt, er sei nicht von den Ortsbürgermeistern, sondern von den Bürgern gewählt, und den Bürgern sei er verantwortlich. „Wenn Herr Becker selbst das Urteil der Bürger haben möchte“, sollte sich doch „eine breite Mehrheit“ für den Antrag finden, meinte Pfundstein daher. Auch Wolfgang Denzer (SPD) zielte auf das gestörte Verhältnis zwischen Becker und den Ortsbürgermeistern ab. Als Grund nannten die Ortschefs „Lügen, Intrigen und die diktatorische Amtsführung“ Beckers. Als Vertreter von Stadtbürgermeister Wilhelm Matheis habe er in den letzten Wochen Gespräche mit Mitarbeitern der Verwaltung geführt. Aussagen wie „Früher habe ich gerne hier gearbeitet, mittlerweile kotzt es mich nur noch an“ bestätigten die Vorwürfe der Bürgermeister. An Beckers Politik vermisse er „Kommunikation, Transparenz, Verlässlichkeit und Menschlichkeit“. Sitzungen würden oft kurzfristig anberaumt, Sitzungsunterlagen fehlten oder seien unvollständig. Das jüngste Beispiel: Die Verschiebung der Ratssitzung vergangene Woche sei erst am Sitzungstag per Mail mitgeteilt worden. Unabhängig vom Ergebnis der Abstimmung über die Abwahl – der Bürgermeister gehe nicht gestärkt aus den Vorfällen hervor, die atmosphärischen Störungen blieben, so Denzer. Ralf Lehmann (Grüne) erachtete die „Handlungsfähigkeit“ in den Ortsgemeinden und in der VG selbst als gefährdet. Auch er thematisierte das Verhältnis zwischen Rat und Verbandsbürgermeister: Die jüngste kurzfristige Sitzungsverschiebung verstand er als „Affront gegen die Ratsmitglieder“. Nachdem die Fraktionsvorsitzenden das Wort ergriffen hatten, ließ Spitzer über Schäfers Antrag auf „Ende der Debatte“ abstimmen. Das Ergebnis: 14 Nein-Stimmen von SPD, Grünen und FWG standen fünf Ja-Stimmen und drei Enthaltungen der CDU gegenüber. Die Abstimmung hätte man sich indes sparen können: Das Wort ergreifen wollte danach niemand mehr. Schäfer stellte im Nachhinein fest: Die Redebeiträge taugten nicht dazu, „Licht in die Sache zu bringen“. Für das Abwahlverfahren gebe es keine sachlich begründeten Argumente, allenfalls persönliche Motive. Gegenüber der RHEINPFALZ nannte er Krankheit als Grund für das Fehlen von vier Ratsmitgliedern – Bettina Groh, Michael Köhler, Leo Littig und Anja Pösse – in der Sitzung. Und Becker selbst? Der hatte im Zuschauerraum Platz genommen und verzichtete dann darauf, das Wort zu ergreifen. Vorbereitet hatte er sich jedoch. In der Stellungnahme, die der RHEINPFALZ vorliegt, verweist Becker darauf, dass er zweimal mit großer Mehrheit zum Verbandsbürgermeister gewählt worden ist. Die Vorwürfe der Ortsbürgermeister seien allgemeine Phrasen. Er könne nicht verhehlen, dass er auch menschliche Enttäuschung verspürt habe. Sein Dienstzimmer stehe dennoch weiter offen. Auch er mache Fehler, gesteht Becker in der vorbereiteten Rede ein. Dennoch habe er in den vergangenen Wochen auch viel Zuspruch erfahren. An die Ratsmitglieder gerichtet steht unter anderem in seiner Rede, dass man in Zukunft gemeinsam für die Bürger der Verbandsgemeinde arbeiten müsse. (ns/clc)

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