Rheinpfalz Erbe einer großen Tradition

Pfälzer Wandermusikanten unterwegs in aller Welt: Die Combo von Otto Schwarz aus Hinzweiler trat beispielsweise um 1900 im mitte
Pfälzer Wandermusikanten unterwegs in aller Welt: Die Combo von Otto Schwarz aus Hinzweiler trat beispielsweise um 1900 im mittelenglischen Harrogate auf.

Der frisch gebackene Landessieger des Wettbewerbs „Jugend musiziert“ wandelt derzeit nicht nur beflügelt über die Hochebene seines Heimatorts Schneckenhausen. Der Erfolg sowie der Unterricht und die Anregung seines Lehrers und Vorbilds, Roland Vanecek, veranlassen den 14-jährigen Frederick Punstein nun auch, dessen Erkundungstouren zur Geschichte des Wandermusikantentums zu folgen.

Allerdings gab die Waldorfschule Otterberg den entscheidenden Anstoß, da dort jährlich die achten Klassen eine Art Jahres- oder Facharbeit erledigen − und die verlangt das Zusammenspiel theoretischer Zusammenhänge mit praktischem Know-how. Auf der Suche nach einem Thema ging Frederick Punstein andere Wege als seine Mitschüler, die beispielsweise ein Märchen-Kochbuch erstellen, einen Bauwagen fertigen oder landwirtschaftliche Bodenarbeit mit Pferden analysieren. Frederick Punstein wird im Mai ein Projekt vorstellen, das die Westpfälzer Wandermusikanten thematisiert. Begünstigt wurden seine Recherchen zum kulturgeschichtlichen Hintergrund dieser Tradition durch den Umstand, dass in Mackenbach und Kusel zwei Museen umfangreich über die musikalischen Wurzeln unserer Vorväter informieren. Dort knüpfte der 14-Jährige aus Schneckenhausen auch Kontakte zu Musikern, die noch Zeitzeugen kannten oder mit ihnen verwandt sind. Er erfuhr so aus erster Quelle weitere Einzelheiten über das Leben und Wirken der ausgewanderten Musiker und ihrer Familien. Vielfach hatte er Einsicht in Briefe, sah Bildmaterial durch und gewann nach weiteren Recherchen im Internet einen umfassenden Eindruck. Unter anderem stieß er bei seinen Untersuchungen auf den − für viele heutige Musiker − neuen und interessanten Umstand, dass eine Firma Sander in Wolfstein bis in die 1960er Jahre ein mittelständisches Unternehmen war, das verschiedene Musikinstrumente für diese Hochbewegung fertigte. Nach den theoretischen Grundlagen, über die Frederick Punstein zum Abschluss seines Projekts berichten wird, nahm er auch die lebenspraktische Seite des Musikantentums in Angriff: So startete er am Dienstag eine Wanderung, die am Stiftskirchenplatz in der Lauterer Altstadt begann. Zu den heute gängigen und vielfach erhältlichen Mitspiel-CD-Versionen spielt er live die Tuba − und stellt dabei sein Repertoire von Klassik über Jazz bis Pop vor. Mit den erhofften Einnahmen löst er dann eine Fahrkarte nach Wiesbaden, wo sein Lehrer Roland Vanecek wohnt. Dort, im benachbarten Mainz und schließlich in Frankfurt (wo sein Patenonkel lebt) will er ebenfalls Kostproben seines Könnens geben. Weitere geplante Stationen sind Mannheim, Straßburg und Saarbrücken. Übernachten will der Nachfolger der Wandermusikanten stets bei Bekannten. Das ambitionierte Projekt wird vom SWR-Fernsehen für die Sendung „Bewegte Zeiten“ gefilmt. Neben der öffentlichkeitswirksamen Darstellung seines Projekts ist es dem jungen Tubisten aber auch ein Anliegen, sein verkanntes Instrument vom „Dicke-Backe-Image“ zu befreien. So spielte er spontan beim Ortstermin in Schneckenhausen eine eindrucksvolle Version einer Popballade der Beatles, wobei er auf der Tuba die Melodie blies und zugleich – wie sein Lehrer und Musikantenlandpreisträger Roland Vanecek es oft in Konzerten vorführt − dazu in die Tuba singt. Da wird einer seinen Weg machen!

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