Kultur Südpfalz Gefühl und Rhythmus

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Bei der Edenkobener Gitarrennacht auf Schloss Villa Ludwigshöhe, der seit 2009 sechsten ihrer Art, durften sich die rund einhundert Besucher über zwei international erfolgreiche Musiker freuen, die zwar beide als hervorragende Fingerstyle-Gitarristen gelten, was die Art ihrer Songs angeht, aber völlig verschiedene Wege gehen.

Während der Stuttgarter Ulrich Uhland „Uli“ Warnecke eher dem ruhigeren, romantischeren Bereich zugeordnet werden kann und träumerische Melodien bevorzugt, ist sein französischer Kollege Michel Haumont eher ein gerader, erdiger Typ, der Folk und Country zur Basis seiner Kompositionen macht. Das Publikum ließ sich in der ersten, von Warnecke bestrittenen Konzerthälfte, gerne auf eine Reise in die Welt der Fantasie einladen, um sich in der zweiten Halbzeit von Haumonts rhythmischeren Stücken dazu verleiten zu lassen, wenigstens mit den Füßen im Takt mitzuwippen. Uli Warnecke beeindruckte besonders mit der unterschiedlichen Herangehensweise an seine Lieder. Während er bei „Vespa“, „Maybe“ und „Mauersegler“ noch relativ herkömmlich spielte und sein Feingefühl für hervorragende Melodien gepaart mit sehr viel handwerklichem Können auf seinem Instrument unterstrich, setzte er zu „Clicktrack“ das Metronom, das er direkt unter ein Mikrofon platzierte, sehr geschickt als Perkussionsinstrument ein, so dass es dem Stück einen außergewöhnlichen Groove beisteuerte. Nach dem technisch äußerst anspruchsvollen „Right Thing“, bei dem er stellenweise mit den Händen sogar über Kreuz greifen musste, brachte er dann zu „Lullaby“ einen sogenannten „eboy“ ins Spiel. Das ist ein Gerät, dass Gitarrensaiten zum Schwingen bringt und den dabei entstehenden Ton nicht gezupft, sondern gestrichen klingen lässt. Warnecke erzählte, dass er darauf gekommen sei, als er feststellen musste, dass seine zwei Töchter, als sie noch klein waren, seiner Musik sehr unterschiedliche Empfindungen entgegenbrachten. Während die eine Tochter ohne Gitarrenklänge nicht einschlafen konnte, fiel es der anderen schwer mit Gitarrenbegleitung in den Schlaf zu fallen. Warnecke beobachtete dass Phänomen eine Zeit lang und fand schließlich die passende Erklärung: Tochter zwei mochte die für manche Kinderohren aggressiv klingenden, auf den oberen Saiten gezupften Töne, nicht hören. Also kam ihm die Idee, anstatt zu zupfen mit Hilfe des „eboys“ sanftere Klänge zu erzeugen. Der Schwabe legte mit „Hühnerbein“ einen Song nach, dessen Basslauf stark an den von Ray Charles’ Megaseller „Hit The Road Jack“ erinnerte und im Saal für gute Stimmung sorgte. Die nahm Michel Haumont gleich mit in seine Darbietung. Er gab mit dem flotten „Mister Picking“ seine Visitenkarte ab, mit dem er seinen einstigen Gitarrenlehrer, den legendären Marcel Dadi meinte. Zu einem Glanzlicht wurde der „Louisiana Rag“. Im Folk-betonten „Ma Guitare“ ließ er rhythmische Strukturen mit emotionalen Momenten zu einer Einheit werden, und mit „Sylvie’s Waltz“ und „Rendez-Vous a Paris“ bewies er eindrucksvoll, dass auch der Walzer in der Folkmusic einen berechtigten Platz innehat. Mit einer Komposition von Dadi, „Song For Kathy“, beendete er sein Solo. Zur stürmisch geforderten Zugabe erschienen Warnecke und Haumont gemeinsam und zeigten, dass sie auch als Duo in der Lage wären, eine spezielle Klasse für sich darzustellen. (hk)

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