Rheinpfalz Herxheim am Berg: Bürger sind sauer

„Ein Glocke ist eine Glocke und macht bim-bam“, steht auf einem Plakat, das eine der Demonstrantinnen gegen die NPD-Kundgebung h
»Ein Glocke ist eine Glocke und macht bim-bam«, steht auf einem Plakat, das eine der Demonstrantinnen gegen die NPD-Kundgebung hochhält.

Harte Tage liegen hinter Herxheim am Berg. Die 800-Seelen-Gemeinde hat zuletzt wegen der sogenannten Hitler-Glocke für Schlagzeilen gesorgt. Und gestern kam auch noch die NPD.

Die Bürger von Herxheim am Berg sind richtig sauer. Die Debatte über die Glocke, die in ihrem Kirchturm hängt und die Inschrift „Adolf Hitler – Alles fürs Vaterland“ samt Hakenkreuz trägt, hat den Ort in ein schlechtes Licht gerückt. „Wir stehen als Nazikaff da“, sagt eine Frau, die anonym bleiben möchte. Die ersten Konsequenzen spüren Herxheimer am eigenen Leib. Gebuchte Ferienwohnungen werden storniert, Kunden von Weingütern holen bestellte Kisten Wein nicht ab und Schreiner Steffen Schwanitz hat einen Kunden aus Mannheim verloren, der „mit Nazis nichts zu tun haben“ will. Im Briefkasten finden sich Flugblätter mit der Einladung zu einem nicht existenten „Hitlerglockenfest“. Und das alles während der Weinlese, die den Menschen hier eigentlich als die schönste, aber auch anstrengendste Zeit des Jahres gilt.

Kein Nazikaff

„Wegen dieser blöden Glocke.“ Diesen Satz hört man immer wieder, wenn man gestern mit Dorfbewohnern spricht, die noch immer übermannt sind von dem Ausmaß, das die Diskussion darüber angenommen hat, ob die 1934 aufgehängte Glocke nun abgehängt werden soll oder hängen bleiben kann. Besondere Brisanz bekam das Thema, als der inzwischen zurückgetretene Bürgermeister Ronald Becker (Freie Wähler) Nazi-Verbrechen in einem Fernsehbeitrag relativierte und seinen Stolz auf die Glocke im Kirchturm mitsamt der Inschrift betonte. Am Freitag hatten Kirche und Gemeinderat entschieden, die Glocke nicht mehr zu läuten.

"Wir sind nicht braun"

Von der Kritik, die die Herxheimer nun üben, nehmen sie die Medien nicht aus. „Medienpropaganda – gab es das nicht schon einmal?“, steht auf einem Schild das eine Frau hoch hält, die ihrem Ärger über das ARD-Magazin „Kontraste“ Ausdruck verleihen will. „Die haben so lange gefragt, bis die Antwort kam, die sie hören wollten. Und das haben sie dann gesendet“, sagt etwa Sandra Morsch, die sich gegen das Bild wehrt, das nun von Herxheim und seinen Bürgern gezeichnet werde. „Der Ort war überfordert, einige ältere Bürger können einfach nicht gut mit Medien umgehen und dort reden.“ Der Rücktritt Beckers sei entlastend gewesen. „Wir sind nicht braun“, sagt sie, als die Kundgebung der NPD gerade beendet ist. Eine Stunde früher als geplant, packen die sieben NPD-Aktivisten zusammen. 150 Gegendemonstranten, darunter Vertreter nahezu aller etablierten Parteien, Gewerkschafter und Flüchtlingsinitiativen, hatten zuvor mit Trillerpfeifen und eigenen Reden am Mikrofon dafür gesorgt, dass nichts davon verständlich war, was die Rechten von sich gaben.

Hitler-Glocke belastend für Herxheimer

„Wir sind Opfer von Pauschalisierung“, stand auf dem Schild, das Markus Kraus nach oben streckte. Dass Herxheim jetzt als braunes Dorf hingestellt werde, gefällt ihm nicht. Der Ex-Bürgermeister habe sich schlecht ausgedrückt, die Glocke müsse runter. „Jedes Hakenkreuz muss von öffentlichen Gebäuden runter“, betont er. Die Ansicht, dass die Glocke die Herxheimer inzwischen belastet, teilen unterdessen immer mehr Leute. Am Rande der Demo räumten Gemeinderäte einen anfangs zu zögerlichen Umgang mit dem Thema ein.

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