Kultur Südpfalz Himmlisches und teuflisch Gutes

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Die Opernproduktion der Pfingstfestspiele im Festspielhaus Baden-Baden gilt dem „Mefistofele“ von Arrigo Boito. Erwin Schrott singt die Titelrolle, nachdem er an gleicher Stelle vor zwei Jahren schon der Teufel in Gounods „Faust“ war.

Ziemlich genau zwei Autostunden trennen den kleinen Ort Knittlingen im Kraichgau vom Städtchen Staufen im Breisgau. In Knittlingen kam der historische Doktor Faust zur Welt, in Staufen soll er bei dem Versuch, Gold mit Teufels Hilfe zu erzeugen, gestorben sein. Exakt auf der Hälfte dieser Route liegt Baden-Baden, wo zu den Pfingstfestspielen „Mefistofele“ von Arrigo Boito neu inszeniert wird (13., 16. und 19. Mai – um 19, 18, 19 Uhr). Die „Faust“-Sage im großen italienisch-romantischem Klanggewand: so könnte man das das selten gespielte Werk mit seinen wunderbaren Arien und riesigen Chören beschreiben. Arrigo Boito, Librettist und späterer Freund Giuseppe Verdis, war ein großer Verehrer des Werkes von Goethe. Dieser „italienische Faust“ ist die einzig vollendete Oper Boitos. Im frühen 20. Jahrhundert hatten Opernsängerinnen und -sänger, die etwas auf sich hielten, immer eine Arie aus der Oper „Mefistofele“ im Repertoire. Arrigo Boito konzentriert die Wette zwischen Mephisto und Gott auf zwei Aspekte der Liebe: Faust lernt durch Mephisto Margarethe kennen und sieht in ihr die Chance auf eine ideale Liebe. Dann folgt die bekannte Katastrophe. Mephistos zweite „Versuchsanordnung“ präsentiert Helena als Schönheitsideal und Objekt der Begierde für Faust, das ihn jedoch auch nicht glücklich macht. Am Ende der Boito-Oper ist es aber nicht Faust, sondern eher Mephisto, der zugrunde geht, während Faust kämpferisch und mit großer Geste für die Selbstbestimmtheit des Menschen eintritt. Regisseur Philipp Himmelmann siedelt die berühmte Wette um eine Menschenseele im Showbiz an. Wer schließlich würde einen „Bühnenhimmel“ besser bevölkern als vergötterte Showstars? Im Mittelpunkt dieses Wettspiels: ein riesiger Totenkopf als omnipräsentes Memento mori. Bühnenbildner Johannes Leiacker und der Baden-Badener Bildhauer Ralf Schira planten und modellierten den sechs Meter hohen und acht Meter tiefen fahrbaren Schädel. Er bewegt sich auf der Festspielhaus-Bühne dank erstmals eingesetzter modernster Antriebstechnik. Im Orchestergraben sitzen mit den Münchner Philharmonikern Musiker von Weltruf. Mit Charles Castronovo (Faust) und Erwin Schrott (Mefistofele) sind weitere Gaststars zu erleben, die in den großen Opernhäusern dieser Welt daheim sind. Beide Sänger standen schon 2014 in der Neuinszenierung der Gounod-Oper „Faust“ in Baden-Baden auf der Bühne und kehren nun in gleichen Rollen, allerdings in einer anderen Oper, zurück an die Stätte ihres Erfolges. Ein Wiederhören gibt es mit der amerikanischen Sopranistin Angel Joy Blue, die zuletzt die Silvester-Gala 2015 adelte und nun die Rolle der Elena in „Mefistofele“ verkörpern wird. Alex Penda verkörpert das Gretchen (Margherita). Wie sie im Rahmen eines Pressetermins sagte, geht für sie damit ein Traum in Erfüllung. Als Mädchen nahm sie sich vor, wie ihre Mutter, einmal die Rolle der Margherita zu singen. Dirigent ist Stefan Soltész, der im Festspielhaus schon die Strauss-Oper „Salome“ leitete. Soltész machte die Oper Essen 2008 zum „Opernhaus des Jahres“ und führte die Essener Philharmoniker in einer Kritikerumfrage auch zur Auszeichnung „Orchester des Jahres“ (2003/2008). Das Konzertprogramm der Baden-Badener Pfingstfestspiele 2016 bietet ein großes Spektrum an Werken und Epochen. Unter anderem kommen das Budapest Festival Orchestra und das Collegium Vocale Gent, sie führen am Pfingstsonntag, 15. Mai, um 18 Uhr unter Leitung von Iván Fischer Mozarts Requiem auf. Außerdem erklingen die Konzertarie „Per questa bella mano“ und das Klarinettenkonzert A-Dur KV 622. Solist ist Ács Ákos. Karten und weitere Informationen unter Telefon 07221 3013-101 oder www.festspielhaus.de. (rg)

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