Kultur Südpfalz „Ich wohne in meinem Traum“

Vor drei Jahren übernahm bei den Pfingstfestspielen im Festspielhaus Baden-Baden in der Oper „Ein Liebestrank“ von Donizetti Olga Peretyatko ganz kurzfristig die Rolle der Norina für eine erkrankte Kollegin. Es wurde ein grandioser Erfolg. 2013 kam die russische Sopranistin im Silvesterkonzert wieder, auch damals jubelte das Publikum. Jetzt singt sie die Violetta in Verdis Oper „La Traviata“ bei den laufenden Pfingstfestspielen.

Wir sprechen mit der 1980 in St. Petersburg geborenen Sängerin, die mehrere Sprachen fließend beherrscht, darunter auch Deutsch (sie hat unter anderem in Berlin studiert), im Vorfeld der Produktion. Olga Peretyatko erzählt, wie das bei ihrem Baden-Badener Debüt war. Um 17 Uhr sei sie im Festspielhaus eingetroffen, erst kurz vor Vorstellungsbeginn. Rolando Villazón, der als singender Regisseur den „Liebestrank“ bei den Dreharbeiten eines Westernfilms verortet hatte, erklärte der jungen Kollegin in wenigen Sätzen, was sie bei seiner spielfreudigen und detailreichen Inszenierung im ersten Akt zu tun habe. Es klappte vorzüglich. Für den zweiten Akt gab es dann gar keine Erläuterungen mehr – doch der Abend wurde ein Erfolg und machte Olga Peretyatko nach ihrer eigenen Aussage großen Spaß. Sehr angenehm sei auch der Auftritt beim Silvesterkonzert 2013 gewesen – bei einem sehr anspruchsvolles Programm, wie sie sagt. Das Publikum habe sich aber als sehr gut vorbereitet gezeigt. Olga Peretyatko ist eine Sängerin, für die tiefe Empfindung beim Singen ganz wesentlich ist. „Es kommt alles aus deinem Leben“, antwortet sie auf die Frage, woher sie den authentischen Ausdruck bei der Darstellung ihrer Opernpartien hole. Sie will glaubwürdig sein auf der Bühne, Herz und Seele in ihren Vortrag legen. Doch sei es auch wichtig, die Kontrolle über die Stimme zu behalten. Ihre Stimme sei sehr weit gespannt und umfasse dreieinhalb Oktaven. Sie singt ein breites Repertoire ganz unterschiedlicher Rollen, angefangen beim frühen Mozart. Ihr Auftritt in Salzburg in „Lucio Silla“ an der Seite von Villazón war 2013 eine Sensation. Olga Peretyatko mag deshalb keine Schubladendenken in Rollenfächern. „Singe, was du kannst – wenn du die notwendigen Eigenschaften für eine Partie hast, dann mach es“, sagt sie. Nur ohne Druck müsse es sein und leicht anmuten. Sie ist in Partien ganz unterschiedlicher Herkunft und in unterschiedlichen Sprachen unterwegs. Die lernt sie, denn sie will verstehen, was sie singt. Ansonsten macht ihr der Wechsel der Stile keine Probleme. Die Gesangstechnik bleibe immer gleich. Es komme auf langen Atem und eine frische Stimme an. Olga Peretyatko ist eine moderne und offene Opernsängerin. Sie möchte bewusst mit ihrer Kunst nicht nur die eingefleischten Klassik-Hörer ansprechen. Sie ist deshalb sehr für neue, kreative Formate, die auch junge Menschen ansprechen können. In diesem Jahr wird es ein neues Album mit der Sängern geben – und ein spezielles Projekt: einen Fotoband mit zum Teil seltenen Fotos hinter den Kulissen des Opernbetriebs. Sie wolle „ihre Welt“ von einer anderen Seite zeigen, sagt die Sängerin. Es sei wie bei einem Eisberg: Das Publikum sehe nur sehr wenig davon, wie der Opernbetrieb läuft. Olga Peretyatko ist längst ein Star in der Opernwelt und viel beschäftigt. „Ich reise zu viel“, sagt sie mit leiser Selbstironie. Alles will sie dem Beruf nicht opfern: „Man darf nicht vergessen, zu leben“. Dass ihr das Singen aber weit mehr als Profession ist, bekennt sie ganz offen. Sie genießt ihre Arbeit sehr und sagt: „Ich wohne in meinem Traum“. (rg) Info Die letzte Vorstellung der „Traviata“ bei den Pfingstfestspielen ist am Freitag, 29. Mai, um 19 Uhr. Karten unter Telefon 07221 3013-101, www.festspielhaus.de, www.olgaperetyatko.com

x