Rheinpfalz In den Kronen tobt der Konkurrenzkampf

Um Probleme im Wald zu erkennen, lohnt auch mal der Blick nach unten. Revierleiter Stefan Bohrer (rechts) zeigt die deutlichen V
Um Probleme im Wald zu erkennen, lohnt auch mal der Blick nach unten. Revierleiter Stefan Bohrer (rechts) zeigt die deutlichen Verbissspuren, die Rotwild an jungen Bäumen verursacht haben. Der Rotwildbestand im Revier ist zu hoch und soll in den kommenden Jahren reduziert werden.

Blick nach oben. „Welche Baumarten sehen sie?“, fragt Stefan Bohrer, seit einem Jahr Revierleiter in Heltersberg. Zu seinem ersten Waldrundgang hat er eingeladen, um zu erläutern, warum welche Maßnahmen geplant und notwendig sind.

Die Teilnehmer schauen sich um, erkennen fachmännisch Lärchen, Buchen, Fichten, Kiefern. Um die Lärchen und Buchen geht es Bohrer. Die Lärchen weisen lange Schäfte auf, sind gerade gewachsen. „Die wachsen gut ins Geld“, sagt er. Lärchenholz ist auf dem Markt gefragt, zum Beispiel für Terrassen. Im Gegensatz zum Buchenholz, für das die Marktlage zurzeit eher schwierig ist. Um den Wert der Lärchen zu erhalten, „müssen wir ihnen helfen“. Zwei Buchen machen einer Lärche Licht streitig. Deshalb sollen sie entfernt werden. „Müssen wirklich beide Buchen weg? Da ist doch genügend Abstand“, fragt Beigeordneter Rainer Stucky. „Ja“, sagt Bohrer und weist auf die Kronen. Dort tobt der Konkurrenzkampf. „Das ist entscheidend, nicht der Abstand zwischen den Bäumen im unteren Bereich“, erläutert der Revierleiter. In diesem Fall müssten die Bäume betriebswirtschaftlich betrachtet werden. Für die Gemeinde bedeutet es gutes Geld, wenn die über 100 Jahre alte Lärche noch ein paar Jahre ungestört wachsen kann.

Vergessenes Holz sammele sich im Wald an

„Es wäre eine schöne Buche für einen Selbstwerber“, stellen die Teilnehmer Matthias Braunstein, Wolfgang Burkhard und Karl Igel mit Blick auf den Baum, der weg muss, fest. Schön gewachsen, direkt an der Rückegasse stehend. „Der würde sich freuen“, bestätigt Bohrer lachend und macht wenig Hoffnung, dass ein Selbstwerber zum Zuge kommt. Es wird etwas umfangreicher durchforstet. Da sind Firmen gefragt. Es liege relativ viel gutes Holz im Wald, stellen Igel und Burkhard fest. Auf dem Weg Richtung Korbmacherbrunnen wird sich das bestätigen. „Ja, das komme vor“, sagt Bohrer. Dann hat vielleicht eine Firma ihren Wagen geladen, der Rest passt nicht drauf und wird dann schlicht vergessen. Aber das bezahlte Holz ist Eigentum der Firma, da darf keiner dran. Oder eine Firma, die Holz gekauft und bezahlt habe, geht in Insolvenz. „Den Fall haben wir hier auch und dann wird es schwierig“, so Bohrer. „Schade ums Holz“, konstatieren Teilnehmer.

Vom Pilzbefall betroffene Bäume müssen gefällt werden

„Was fällt Ihnen an diesen Lärchen auf?“, fragt Bohrer. Bürgermeister Ralf Mohrhardt sieht schwarze Flecken. „Das ist Lärchenkrebs“, erläutert Bohrer. Verursacht wird dieser durch starken Pilzbefall. Die betroffenen Lärchen müssen gefällt werden, „bevor der Wertverlust zu groß wird“. Er lenkt den Blick erneut auf Buchen. „Die hier hat besonders ausgeprägte Chinesenbärte“, sagt er. Hat das was damit zu tun, das Buchenholz aus der Pfalz in der Vergangenheit gerne nach China verschifft wurde? Nein. Es geht um die Querstreifen an den Buchen, die kennzeichnen, wo mal Äste saßen. Dort schiebt sich die Rinde sichtbar zusammen und der Fachmann spricht, der Form wegen, von einem Chinesenbart.

In diesem und kommendem Jahr soll weniger Holz geschlagen werden

Es geht vorbei an Flächen, auf denen vor Jahren der Borkenkäfer tätig war. Die sind nach den notwendigen Einschlägen licht. Ausgerichtet am aktuellen Forsteinrichtungsplan, hatte der Rat beschlossen, in diesem und im kommenden Forstjahr deutlich weniger Holz zu schlagen. In einem Einschlagbereich wurde bislang vor allem motor-manuell gearbeitet. Das heißt verkürzt: Mann mit Motorsäge und kleinerem Gerät. So wird wohl auch wieder gearbeitet werden, „obwohl der Einsatz von Harvestern möglich wäre“, sagt Bohrer. Die bekannte Diskussion um Harvestereinsätze beginnt. Die großen Maschinen, die die vermeintlich großen Schäden verursachen. „Das tun sie nicht. Wir achten immer darauf, dass so pfleglich wie möglich gearbeitet wird“, unterstreicht Bohrer. Ein Gerät mit kleinerem Durchmesser bei den Druckpunkten als ein Harvester verursache im Wald viel größere Schäden. Großer Vorteil des Harvesters sei, dass er die Stämme sofort zersägt und damit auch beim Rücken deutlich weniger Schäden entstehen.

Klimawandel erschwert das Arbeiten durch nasse Böden

Das große Problem sei der Klimawandel, verdeutlicht Bohrer: „Wir haben ja nur noch ganz selten längere Frostperioden, in denen gut gearbeitet werden kann. Das wird auch nicht besser.“ Es werde immer mal Winter geben, in denen es funktioniere, „aber meistens werden wir beim Arbeiten mit nassen Böden umgehen müssen“. Welche Bäume kommen mit dem Klimawandel gut zurecht? Im Wasserschutzgebiet stehen ein paar Tannen. „Die schaffen das ideal“, sagt Bohrer. Aber in puncto Naturverjüngung, „haben sie aktuell kaum eine Chance“.

Zu viel Rotwild im Wald

Und wenn entsprechend aufgeforstet wird? Das wäre zu teuer. Die Naturverjüngung habe nämlich einen Feind. Ausnahmsweise geht der Blick nicht nach oben in die Baumkronen, sondern nach unten auf junge Baumtriebe mit heftigen Verbissschäden – ein sichtbares Zeichen dafür, dass zu viel Rotwild im Wald sei. „In Zusammenarbeit mit den Jagdpächtern wollen wir hier ein Gleichgewicht herstellen“, nennt Bohrer das Ziel. Es soll zum Beispiel durch das Erfüllen der Abschussquoten erreicht werden oder dadurch, dass durch erhöhten Jagddruck das Wild frühzeitig von sensiblen Plätzen ferngehalten wird. „Wir möchten hin zu einem gleichgewichtigen Nebeneinander von Flora und Fauna“, unterstreicht Bohrer. Das Wild ist auch beim Waldbegang nicht weit. Hund Karl nimmt Witterung auf. Nicht sichtbar, aber unüberhörbar für die Menschen und unüberriechbar für Karl ist Wild im Dickicht unterwegs.

Totholz bietet verschiedene ökologische Vorteile

Ein Schwarzspecht hat in einem Baum Nahrung gefunden und offensichtlich ordentlich geklopft. Totholz im Wald zu belassen macht auch betriebswirtschaftlich Sinn, erläutert Bohrer. Es sei viel zu teuer, Holz, das kaum noch Brennwert habe, zu entnehmen. Dazu komme der ökologische Vorteil: Dünger, Lebensraum für Tiere, Futterstelle für Spechte. Dass es im Wald nicht nur Chinesenbärte, sondern auch Ponyschnitte gibt, erfahren die Teilnehmer bei der Totholzdiskussion. Toter Baum, gerade abgeschnitten: Ponyschnitt. Besondere Bäume, die betriebswirtschaftlich betrachtet eine Katastrophe sind, weil krumm und bucklig statt gerade gewachsen, werden dennoch erhalten. Diese besonderen Waldbilder sind Rainer Stucky ein großes Anliegen. „So etwas erhalten wir in jedem Fall“, bestätigt Bohrer mit Blick auf eine krumme Buche. Zumindest, so lange keine Gefahr davon ausgeht. Er hat schlechte Nachrichten: „Von der siebenstämmigen Buche am Brunnenwanderweg müssen wir uns leider verabschieden.“ Zwei Stämme müssen weg. Bleiben noch fünf. Es geht ins Wasserschutzgebiet. Auch hier stehen im Herbst Forstarbeiten an. Bänke und Tische, die zum Verweilen einladen, „können stehen bleiben“, erklärt Bohrer auf Nachfrage von Mohrhardt. Die Bäume werden darüber hinweggehoben. An der kleine Jagdhütte Richtung Hundsweihersägmühle wartet Jäger Wolfgang Noss auf die Waldbegeher. Er präsentiert die nachhaltige Verwertung von Wildbret in Form von gegrillter Wildbratwurst.

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