Neustadt Jubiläum 1250 Jahre Geinsheim: Ein Paradies für Dorfkinder

Mehr als 1000 Zuschauer kommen am Samstag zum Konzert der Dorfrocker. Ihre Lieder drehen sich ums Leben auf dem Land.
Mehr als 1000 Zuschauer kommen am Samstag zum Konzert der Dorfrocker. Ihre Lieder drehen sich ums Leben auf dem Land.

Mit einem Konzert der Dorfrocker und einer großen Festmeile hat Geinsheim sein 1250-jähriges Jubiläum gefeiert. Attraktionen wie alte Maschinen im Einsatz und tierischer Besuch vom Bauernhof zogen zahlreiche Besucher an. Zwei Regenschauer beeinträchtigten das Vergnügen im Paradies für Dorfkinder nur leicht.

„So war des frieher“ und „ich kenne das noch“ dürften die Sätze sein, die am Sonntag auf der Festmeile zwischen Geinsheim und der Fronmühle am häufigsten gesagt werden. Einige schwelgen damitin Erinnerungen, andere erklären ihren Kindern oder Enkeln, wie früher auf dem Feld gearbeitet wurde. Wobei früher vor zwanzig Jahren, aber auch vor 100 Jahren sein konnte.

Wie früher Getreide geerntet wurde, das ist gleich am Anfang der Festmeile aus Richtung Geinsheim zu sehen. Ein Mähbinder aus dem Jahr 1934 fährt geradeaus über ein Getreidefeld, mäht, und gebundene Bündel Getreide werden auf die linke Seite geworfen. Der Mähbinder war ein enormer Fortschritt, zuvor war das Getreide mit Sensen gemäht und die Bündel per Hand gebunden worden. Geduldig warten der vierjährige Wallach Matthias und die 15 Jahre alte Stute Emma mit einem Leiterwagen, in dem die Bündel gesammelt werden, bis es losgeht.

Ernten wie damals

Etwas Mucken macht dagegen ein Mähdrescher aus dem Jahr 1963, der für die nächste Reihe Getreide zuständig ist. Der Riemen habe sich gelockert, erklärt Moderator Andreas Letzel, warum der Mähdrescher steht. Schnell wird improvisiert und ein anderer Mähdrescher übernimmt die Arbeit. Entlang der Straße stehen weitere traditionelle Maschinen und Geräte. „Das ist ein Eicher Geräteträger, mit dem haben mein Opa und mein Vater gearbeitet“, erklärt Gerd Litty aus Altdorf. Mit dem Geräteträger konnte man gleichzeitig Dünger streuen, säen und die Erde glatt walzen. Etwas genervt ist der zehnjährige Maximilian gerade von der Dreschhexe, die seinem Opa gehört und auf die er aufpasst. „Da hängt immer der Riemen durch“, sagt Maximilan. Die Hexe ist Baujahr 1920, da kann schon mal was durchhängen. Maximilian erklärt ganz genau, wie in der Hexe Getreide gedroschen wurde.

„Guck’ mal, mit so Geräte is frieher geschuftet wore, kä Wunner, das die Leut mit 40 gestorben sin“, sagt ein Mann angesichts von alten Sensen, Hacken, Sämaschinen und anderen Geräten. Jede Menge Traktoren, von ganz alt bis fast neu, sind zu sehen, eine selbstdrehende Bandsäge, eine Strohpresse, dazwischen liegen Heu- und Strohballen.

Gefeiert bis in den Morgen

An einem Stand verkauft ein Mitglied des Festkomitee Gläser, T-Shirts und Seccoflaschen mit dem Jubiläumslogo. Um 6 Uhr morgens sind die Geinsheimer, die auf der Festmeile aktiv sind, aufgestanden. Was einigen ziemlich schwer gefallen ist, denn bis nach 2 Uhr nachts hat ein harter Kern nach dem Konzert der Dorfrocker gefeiert. Mit dabei Ortsvorsteherin Sabine Kaufmann. „Es war super, es waren über 1000 Zuschauer und etwa 50 Traktoren da“, erzählt Kaufmann. „Überglücklich“ ist sie am Sonntag darüber, dass so viele Besucher gekommen sind.

Mehr als 1000 Zuschauer kommen am Samstag zum Konzert der Dorfrocker. Ihre Lieder drehen sich ums Leben auf dem Land.
Mehr als 1000 Zuschauer kommen am Samstag zum Konzert der Dorfrocker. Ihre Lieder drehen sich ums Leben auf dem Land.
Sänger Tobias Thomann , der mit seinen Brüdern Mark und Philipp als Dorfrocker auftritt, reißt das Publikum bei einer Polonaise
Sänger Tobias Thomann , der mit seinen Brüdern Mark und Philipp als Dorfrocker auftritt, reißt das Publikum bei einer Polonaise mit.
Die Besucher können in die Welt der Landwirte im Laufe der Jahrzehnte eintauchen, zum Beispiel mit der Mähdrescher Claas Columbu
Die Besucher können in die Welt der Landwirte im Laufe der Jahrzehnte eintauchen, zum Beispiel mit der Mähdrescher Claas Columbus mit Zackenstand (Baujahr 1967) von Josef Henrich aus Steinfeld.
Erntevorführung von früher bis heute: Hier ein Claas Europa Mähdrescher (Baujahr 1962) von Ludwig Keiner aus Ottersheim.
Erntevorführung von früher bis heute: Hier ein Claas Europa Mähdrescher (Baujahr 1962) von Ludwig Keiner aus Ottersheim.

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„Es ist wirklich super, was die alles auf die Beine gestellt haben“ ist auf der Festmeile immer wieder zu hören, und das Engagement und die Arbeit der etwa 20 Aktiven wird oft gelobt. Ein kleines Manko gibt es allerdings. Für ältere Menschen oder für Leute, die nicht so gut zu Fuß sind, ist die Strecke zu lang, zudem gibt es unterwegs große Lücken. Ein paar Sitzgelegenheiten sowie etwas mehr Möglichkeiten, Getränke zu bekommen, hätten das Vergnügen deutlich erhöht. „Wir hätten gern mehr gesehen, aber wir schaffen es nicht“, bedauert etwa ein älteres Paar. Dazu kam, dass der Shuttle-Service ins Dorf nicht so ganz funktioniert.

Tieren ganz nah

„Ohh“ ruft ein kleines Mädchen im Kinderwagen angesichts eines schwarzen und eines braunen Angus-Rinds, die sonst mit Artgenossen beim Beweidungsprojekt auf dem Geinsheimer Gäubuckel im Einsatz sind. Auch Ziegen, Hühner und Hasen in ihren Gehegen bekommen viel Aufmerksamkeit vor allem von kleinen Besuchern. Ebenso die Frettchen am gemeinsamen Stand mehrerer Falkner. Die Kinder wissen nicht, dass die Frettchen Futter für die Falken, Bussarde, den Uhu und den Steppenadler sind, die auf ihren Stangen sitzen und die vielen Menschen um sie herum ignorieren.

Die sechsjährige Lina und ihr zwei Jahre alter Bruder Max staunen, als sie bei der Bauernhofrallye für Kinder feststellen, dass es lila und schwarze Kartoffeln gibt. Die liegen am Stand eines Lernbauernhofs. Hier dürfen die Kinder auch an einer kleinen Mühle Mehl mahlen. „Uii“, ruft ein Knirps, der ein Stück weiter ungesponnene Schafwolle anfassen darf. Viele Fragen bekommt Martin Fuchs gestellt, der zeigt, wie Leder genäht wird.

Dann kommt der Regen

Ein Kinderparadies ist am ehemaligen Schwabengütle. Lautstark hüpfen Jungen und Mädchen über Strohballen, andere fahren mit Spieltraktoren vorbei, basteln aus Holzstäben und Stoff Steckenpferde, malen oder binden Strohherzen. Nicht ganz so glücklich sind einige Erwachsene an den Essensständen, denn hier sind zu wenig Sitzgelegenheiten. Dafür kann man im Klanggarten entspannt in Liegestühlen sitzen und leiser Musik lauschen. Bei einer Führung durch die Fronmühle gibt es viel zu erfahren, auch hier schwelgen einige in Erinnerungen. Zwei historische Ausstellungen in der Fronmühle finden ebenfalls Interesse.

„Wir haben optimales Wetter“, freut sich Kaufmann am frühen Mittag. Später ist das Wetter nicht mehr so optimal. Ein erster heftiger Regenschauer ist zwar schnell vorbei, aber dann geht es weiter und alle suchen Schutz in Pavillons oder unter den wenigen Dächern. Die gute Stimmungen lässt man sich nicht verderben.

Die Polizei meldet am Sonntagabend einen medizinischen Zwischenfall: Demnach ist kurz vor 16 Uhr ein 75-Jähriger aus der Verbandsgemeinde Offenbach auf dem Festgelände auf seinem Traktor zusammengesackt und auf einen vorausfahrenden Traktor gerollt. Der Mann sei ins Krankenhaus gebracht worden.

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